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Vom Open Casting bis in die Vogue – im Interview mit dem Model Emmanuel Kidimbu5 min read

18. Mai 2019 4 min read

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Vom Open Casting bis in die Vogue – im Interview mit dem Model Emmanuel Kidimbu5 min read

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Gewisse Berufe sind stärker stigmatisiert als andere. Mathematiker haben speziell verkabelte Gehirne, Künstler sind geniale Narzissten und Models Symbole der Schönheit. In einer Welt, die zunehmend von starken Bildern geprägt ist, erfreut sich im besondere der Beruf des Models über eine wachsende Popularität. Plattformen wie Instagram sind dabei Fluch und Segen zugleich. Sie bilden neue Möglichkeiten um die Produkte an den Käufer zu bringen und greifen gleichzeitig die etablierten Vermittlungsparteien wie die Modelagenturen an. Wir haben uns mit dem Luzerner Model Emmanuel Kidimbu getroffen um herauszufinden, wie wichtig Social Media im heutigen Modelbusiness ist, was es überhaupt braucht um ein Modell zu sein und wie sich die Schweizer Modeindustrie von den weltweiten Metropolen unterscheidet.
 
Maurice: Wie bist du zum modeln gekommen?
Emmanuel: Es begann es vor 3 Jahren. Ich sah, dass es einen Wettbewerb namens Elite Model Look gibt. Ich meldete mich ans «Opencasting» an und schaffte es auch eine Runde weiter zu kommen. Leider reichte es damals nicht für den Finaleinzug. Im darauffolgenden Jahr versuchte ich es nochmals und stand sogleich im Final.
Was braucht es, um ein Model zu sein?
Viele denken, dass man als Model dem klassischen Schönheitsidealen entsprechen muss. Das stimmt so nicht. Gesucht sind Menschen, die für die Modelwelt etwas Spezielles an sich haben und nicht 0815 sind. Oder so stark 0815 sind, dass es wiederum etwas Spezielles an sich hat.
Das Vorurteil von den perfekt aussehenden Models ist also falsch?
Ja, das stimmt nicht. Man braucht natürlich gewissen Standards. Also zum Beispiel eine gewisse Grösse. Aber nebst dem gibt es Freiraum für alles. Dazu kommt, dass die Schönheitsideale sich in einem ständigen Wandel befinden. Früher galten zum Beispiel Sommersprossen als ungünstig, nachteilig. Heutzutage stehen Sommersprossen für etwas Natürliches und Schönes. Mittlerweile ist es schon so weit, dass sich Menschen Sommersprossen tätowieren lassen. Das Ganze nimmt einen umkehrenden Trend an.
Wie gehst du damit um, dass du in deinem Job täglich auf dein Äusseres reduziert wirst?
Man muss es halt differenzieren, also Privates und Berufliches trennen.
Als Model muss man sicher eine dickere Haut aufbauen. Es ist so, dass man nach seinem Aussehen bemessen wird. Die Sache ist, dass es beim Aussehen kein richtig oder falsch gibt. Dennoch gehört es zum Job, dass Personen über dich urteilen. Bei den Castings fühlt man sich manchmal wie ein Stück Fleisch. Gerade deshalb sollte man sich immer wieder vor Augen führen «Hey, ich bin ein Mensch, egal was der Typ sagt, ich weiss was meine Qualitäten sind und ich weiss wie ich aussehe, auch wenn ich den Job, gerade wegen meinen Aussehen, nicht bekommen habe»
Ist das nicht schwierig?
Ich erinnere mich, als ich mit einer Kollegin an einem Casting in Mailand war. Sie bekam eine Absage, weil sie angeblich zu dick an der Hüfte sei. Da fragt man sich natürlich, ob man etwas dagegen tun kann. Tatsache ist aber, dass man nur schwer allein an der Hüfte abnehmen kann. So funktioniert das Abnehmen nicht und das Zunehmen erst recht nicht. Das muss man einfach akzeptieren und so ist es halt, fertig. Weiter zum nächste Casting.
 

Du bist als internationales Model tätig. London, Paris, Mailand, USA, Schweiz. Wie unterscheidet sich die Schweizer Modelindustrie von den grossen Metropolen wie Paris, Mailand oder New York?

Es ist ein riesiger Unterschied. Die Schweiz hinkt schon ein wenig hinterher. Das Model Business in der Schweiz ist ziemlich saisonal bedingt. In den grösseren Städten gibt es von allem mehr. Mehr Menschen, mehr Models, mehr Firmen, mehr Agenturen und somit auch mehr Konkurrenz. In der Schweiz gibt es auch viele Firmen, die in der Textilbranche arbeiten und nicht auf klassische Models setzten, so die Migros oder Ottos zum Beispiel.
Modeln für Ottos? Kann man dann die Karriere nicht gleich an den Nagel hängen?
Nein, als Model sollte man so viele Erfahrungen sammeln wie möglich. Von mir aus könnte ich gerne in Ottos Werbeheft und in der Vogue gleichzeitig drin sein. Würde kein Unterschied machen.
Aber das Ziel ist doch schon eher die Vogue? Du hast es ja bereits im Jahr 2017 in die online Version von Vogue Italien geschafft.
Es ist ja das grösste Modemagazin der Welt und es war wirklich ein Traum für mich darin zu sein. Es war ganz klar auf meiner Bucketlist. Zwar nicht genau so, wie es schliesslich herauskam, weil es in der online Version von Vogue Italia war und nicht im Printmagazin. Dennoch freute es mich natürlich sehr.
Was ist sonst auf der Bucketlist?
Zalando wäre cool, H&M und Calvin Klein. Wenn ich das gemacht habe, könnte ich mich zur Ruhe setzen. (lacht)
Was ist denn mit Hermes oder Gucci?
Natürlich würde ich diese auch nicht ablehnen. Aber meine Favoriten sind die vorher genannten Marken, da ich mich mit Ihnen auch mehr identifizieren kann als mit Hermes und Gucci.
Wie stark hat Instagram die Modelindustrie verändert?
Sehr stark. Man wird bei den Castings auch oft gefragt, wie viele Followers man hat. Dies ist sicherlich ein Bewertungskriterium. Vieles läuft heute über Werbung ab. Models haben viel mehr Aufgaben als früher. Die Industrie hat sich verändert. Man ist nicht nur Model, sondern auch Ambassador. Man präsentiert eine Marke gegen aussen und dafür ist Instagram ziemlich gut.
Was hältst du von selfmade Models, die sich auf Instagram als Model angeben und keine Agentur besitzen?
Es kann auch ein Start sein. Man versucht halt Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und das ist auch gut so. Es ist aber schon witzig, wenn man Models nach ihrer Agentur fragt und sie mit «Instagram» antworten. (lacht)
 
Beitragsbild: Abby Matthews
Bild 2: Stefan Marthaler
 

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