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Junges Theaterfestival Grätsche: “Wir hoffen und glauben auch daran, dass wir mit unserem Festival eine Signalrakete abfeuern können.”5 min read

6. Februar 2020 4 min read

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Junges Theaterfestival Grätsche: “Wir hoffen und glauben auch daran, dass wir mit unserem Festival eine Signalrakete abfeuern können.”5 min read

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Das Theaterfestival Grätsche entstand aus der Liebe zum Theater, vor allem zum jungen Theater. Und du kannst an der ersten Ausgabe dabei sein! Wir verlosen 2x einen Dreitagespass fürs Grätsche, das vom 13. – 16.02 im Dynamo in Zürich stattfindet. Dich erwarten allerhand spannende Produktionen von jungen Theatergruppen und ein Rahmenprogramm, das zu spannenden Diskussionen einlädt. Wir haben mit Lucca Kohn, der in der Produktion des Grätsche tätig ist, über die Inspiration fürs Festival und die Vernetzung in der Theaterszene geplaudert. 

Euer neues Theaterfestival trägt den Namen «Grätsche» – Lässt sich das eher als «Spagat» interpretieren, den ihr zu finden versucht oder als «dreingrätschen» der jungen Szene in eine festgefahrene Theaterlandschaft?

Die namensgebende Grätsche soll das Dreingrätschen in die aktuelle Theaterlandschaft symbolisieren. Unsere Absicht ist dabei aber nicht jemanden zu verletzen. Viel mehr wollen wir, wie mit einer geschickte Grätsche im Fussball, an den metaphorischen Ball gelangen. Wir möchten die verschiedenen Akteure*innen der Theaterlandschaft aufrütteln und auf uns und vor allem auf all die teilnehmenden Gruppen aufmerksam machen. Zu guter Letzt wollen wir die neue Aufmerksamkeit dazu nutzen neue Brücken zu schlagen. Zwischen den Gruppen aber auch zwischen den Gruppen und dem Rest der Theaterlandschaft.

«Denn dass grosses kreatives Potential vorhanden ist, wissen wir ebenfalls aus eigener Erfahrung.»

 

Was war für euch die zentrale Motivation, ein Festival speziell für junges und freies Theater ins Leben zu rufen?

Die Motivation entwickelte sich aus unserer eigenen Erfahrung – alle im OK spielen selber Theater in selbstorganisierten Vereinen. Wir wissen, dass es bis jetzt so gut wie keine Unterstützung und keine Infrastruktur für selbstorganisierte Vereine gibt. Auch die Vernetzung unter den Vereinen ist fast nicht vorhanden. So kam es letztes Jahr, dass drei Premieren von drei Vereinen in der selben Woche stattfanden. Diese Missstände wollen wir mit unserem Festival angehen. Denn dass grosses kreatives Potential vorhanden ist, wissen wir ebenfalls aus eigener Erfahrung.

Kannst du mir mehr über die Geschichte des «Grätsche» erzählen und wie lange die Idee für ein solches Festival schon im Raum steht?

Die Grundidee entstand im Mai 2018. Bei einem T-Punkt-Treffen, an dem über die Zukunft von jungem Theater diskutiert wurde, kristallisierte sich heraus, dass grundsätzlich unter jungem Theater bloss Kinder- und Jugendtheater verstanden wurde. Das heisst, dass wenn man nicht in einer Theater AG der Gymnasien oder in einem der immer weniger werdenden Jugendclubs der etablierten Theaterhäuser war, Theaterspielen als junger Mensch sich schwierig gestaltet. Ebenfalls wird in diesem Alterssegment Theater oft als etwas pädagogisch und hierarchisch relativ streng organisiert angesehen. Wenn man es überspitzt formulieren will, dann haben die jungen „Laien“ von den diplomierten Profis zu lernen und die eigenen Ideen bleiben unbeachtet. Die Jungtheater waren an diesem Treffen dabei und beschlossen daraufhin ein Festival zu veranstalten. Schnell stellte sich dieses Vorhaben als zu gross für eine Theatergruppe allein heraus. So wurden die Vereine Kollektiv Tempo Foif und Oi Moi angefragt, ob sie an einer Kollaboration Interesse hätten. Wir, die OK-Mitglieder, setzten uns zusammen und im Dezember 2018 gründeten wir den Verein Grätsche. Man könnte sagen, dass bereits die Idee von Grätsche zu einer Vernetzungsbewegung geführt hat.

«Unser Grundsatz ist, dass wir nicht kuratieren und allen Gruppen die Möglichkeit zur Teilnahme geben, die unseren Kriterien entsprechen.»

Wie gestaltete sich die Auswahl der partizipierenden Theatergruppen und des Programms? Gab es einen Kriterienkatalog?

Unser Grundsatz ist, dass wir nicht kuratieren und allen Gruppen die Möglichkeit zur Teilnahme geben, die unseren Kriterien entsprechen. Entscheidend war die Organisation der Gruppen und das Alter der Teilnehmenden: Die Gruppen sollten selbstorganisiert, das heisst nicht einer grösseren bestehenden Institution angehörig und möglichst kollektiv aufgestellt sein. Zwei Drittel der Gruppenmitglieder dürfen nicht älter als 16-29 sein.

Sind die Stücke, die gezeigt werden, Neuinszenierungen, Wiederaufnahmen oder speziell fürs «Grätsche» konzipiert?

Es hat von allem etwas. Wir haben verschiedene Wiederaufnahmen im Programm, Werkschauen und auch eine Premiere und eine Gruppe, die speziell fürs Grätsche ein Stück konzipiert hat.

Wie wird am «Grätsche» die Vernetzung ausserhalb der Vorstellungen gefördert?

Wir bieten Vernetzungsworkshops an, die sogar obligatorisch sind für die Gruppen. In diesen Treffen sollen Bedürfnisse, Probleme und mögliche Lösungen erarbeitet werden. Damit diese Überlegungen nachhaltig umgesetzt werden können, wollen wir solche Treffen auch nach dem Festival regelmässig durchführen. Die Workshops selbst werden vom neuen und ebenfalls jungen Theatermagazin Intrige  geleitet. Auch bei der Weiterführung des Dialoges zwischen den Gruppen wird das Magazin dabei sein.

«Nebst den „normalen“ Herausforderungen stellten sich uns Fragen, die symptomatisch für unser Grundanliegen sind: An wen richtetet man sich, wenn niemand für einen zuständig ist?»

Gab es spezielle Herausforderungen, die euch bei der Festivalplanung begegnet sind?

Ich würde sagen, wir sind vor den üblichen Herausforderungen gestanden, wenn man zum ersten Mal einen derartigen Event organisiert. Wir mussten ausformulieren, was wir mit dem Festival wollen und erarbeiten, wie wir das umsetzen können. Eine grosse Hilfe war, dass das Jugendkulturhaus Dynamo uns schon früh ihr Haus als Spielort angeboten hat und uns auch entgegengekommen ist mit der Miete. Nebst den „normalen“ Herausforderungen stellten sich uns Fragen, die symptomatisch für unser Grundanliegen sind: An wen richtetet man sich, wenn niemand für einen zuständig ist?

Habt ihr für zukünftige Träume und Wünsche, wie sich das «Grätsche» weiterentwickeln könnte?

Für das Festival an sich Wünsche zu äussern bevor es zum ersten Mal statt gefunden hat, ist etwas schwierig. Wir hoffen natürlich unsere selbstauferlegte Mission der Vernetzung und der erhöhten Sichtbarkeit zur Zufriedenheit aller Beteiligter umsetzen zu können. Unsere Vision ist, dass das Grätsche alle zwei Jahre stattfinden kann und dann als inspirierender Treffpunkt und als eine starke Plattform funktionieren kann. Wir hoffen und glauben auch daran, dass wir mit unserem Festival eine Signalrakete abfeuern können, die dem Theaterschaffen ausserhalb der anerkannten Institutionen Legitimation verschafft. Konkret wünschen wir uns eine längerfristige Unterstützung von der öffentlichen Hand und dass wir mit jeder Ausgabe mehr Gruppen und mehr Publikum anziehen können. Wir haben dieses Jahr bereits eine Gruppe aus dem Tessin dabei; es wäre ein Traum aus allen vier Landesteilen der Schweiz Gruppen und Publikum empfangen zu dürfen.

+++Ticketverlosung abgeschlossen+++

 

 

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