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Mit Arno und den Damen vom Kiosk in Erinnerung schwelgen3 min read

14. September 2020 2 min read

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Mit Arno und den Damen vom Kiosk in Erinnerung schwelgen3 min read

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Vergangenen Dienstag besuchte der Graubündner Schriftsteller Arno Camenisch das Luzerner Neubad, mitsamt musikalischer Begleitung durch Gitarrist Roman Nowka. Bereits am Anfang wird stolz vom Veranstalter erwähnt, dass Camenisch zum europaweit-renommierten deutschen Buchpreis nominiert wurde.

Selbiger kommt unter tosendem Applaus der rund 80 Besucher auf seine puristisch ausgestatte Bühne, die lediglich aus einem alten Teppich, Mikrofon und Verstärker besteht.

Ein kurzes musikalisches Intro ertönt und sofort geht es mit der ersten Seite los. Höflich begrüßt er anschließend das Luzerner Publikum und erzählt die Handlung seines aktuellen Werkes, welches kurz nach der Veröffentlichung im Mai sofort auf Platz eins der Schweizer Bestsellerliste landete. Camenisch, der mit seinem charmanten und leicht verschmitzten Lächeln, insbesondere das weibliche Publikum in Bann zieht, erzählt von dem ihm so wichtigen, ja nahezu schon sakralen Kiosk, das ihm in seiner Kindheit so vertraut war und Jenen als „der Ort der Versuchung“ sah.

Schön tönt es wieder weiter mit Roman Nowkas Gitarre und Camenisch umschreibt und liest mit einer tiefen und warmherzigen Stimme die Geschichte von Margrit und Rosa-Maria. Die beiden Protagonistinnen seines Werkes „Goldene Jahre“. Ja, golden und goldig beschreibt er die Zeit, in der die beiden, nahezu schon schwesternhaft-freundschaftlich zueinander stehenden Damen, ihren Kiosk in den Graubündner Bergen betreiben. Seit nun mehr als 51 Jahren, seit dem die Mondlandung im Fernsehen übertragen wurde, reminiszieren, reflektieren und romantisieren sie ihre Zeit im und am Platz. Es wird humorvoll, mal melancholisch erzählt, was sich dort alles begeben hat. Welcher Bundesrat vorbeikam und wie sie sich das erstmal selber und den zentralen Ort des Geschehens (den Kiosk) im TV gesehen haben, als die Tour de Suisse durchs Tal rollte.

Inhaltlich mag es etwas an sein vorletztes Buch erinnern, nur sind in diesem Fall die beiden Hauptakteure Damen und wir befinden uns dieses Mal nicht auf einem Skilift, sondern in einem Kiosk. Toll finden wir dennoch den Fakt, dass ein Schriftsteller zwei Frauen in seine Hauptrollen packt und so emotional, nie kitschig wirkend, darüber schreiben kann.

Camenisch schafft es mit einem roten Faden all dies in einem einstündigen Programm schön zusammenzufassen. Erzählt kleine Anekdoten über seinen Heimatort Tavanasa, in dem auch wieder dieses Werk stattfindet.

Schön verknüpft er die Übergänge mit dem völlig in sich gekehrten Gitarristen und taucht in seine Figuren und in die Rolle des Erzählers und Darstellers Camenisch ein. Der sich mit einem Hauch von Selbstironie, aber auch mit einem kleinen Hauch Selbstverliebtheit erneut in sein Werk einbaut.

Was ihm auf eine sympathische Weise gelingt, sind die kurzen Erklärungen zu seinen Bonmots und Idiomen, die er seit seinen ersten Werken immer gut vermischt. So ist die Situation mal complicau oder dommage und die Zuhörer wandern, bei seinen langen Sätzen mit auf eine Sprachreise, durch die ganze Schweiz, in der man auf Schwyzerdütsch und Italienisch fluchen darf, oder auf Französisch und Rätoromanisch über die Liebe spricht.

Immer wieder bekommt man das Gefühl, dass der 42-Jährige so innig bei der Sache ist, sodass er am liebsten seine Texte, die er meist schon fast auswendig kennt, mitsingen will und mit Leib und Seele dabei ist.

Ganz deutlich spürt man dies bei seinen Zugaben. Hier schmettert der Mann, der seit dem 11. Werk auch weiterhin seinem Verlag Engeler treu geblieben ist, in drei Sprachen, drei wundervolle Texte. Man bekommt den Eindruck, in ihm stecke neben einem kleinen Poetry Slammer, doch noch ein Sprachwissenschaftler.

Ein gut gelauntes Publikum verabschiedet den Mann, der in einer Woody Allen-Manier jährlich ein neues Buch auf den Markt bringt, drückt ihm für den deutschen Buchpreis die Daumen und freut sich auf ein Wiedersehen im kommenden Jahr.

 

Text & Bild: Daniel Klein

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