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Alle wollen Stutz: Tommy Vercetti mit “Patient Null”3 min read

11. Juni 2021 2 min read

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Alle wollen Stutz: Tommy Vercetti mit “Patient Null”3 min read

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Endlich versorgt uns der Berner Rapper Tommy Vercetti wieder mit Musik! «Patient Null» heisst der neuste Release, der auf die nun schon fast zwei Jahre alte Platte «No 3 Nächt bis Morn» folgt. Es war das dritte seiner Alben, das ganz zuoberst auf dem Siegertreppchen der Schweizer Charts landete. Womit Vercetti wohl damals noch nicht gerechnet hatte, ist, dass wir uns vor dem «Morn» zuerst noch durch eine globale Pandemie kämpfen müssen.

«I bi völlig broke wägem Virus, scho lang völlig dumm wägem Virus…chli ohni Grund wägem Virus». Tommy Vercetti ging es in den vergangenen Monaten wie den meisten von uns, als Musikschaffender umso mehr. Entsprechend naheliegend ist der Inhalt seiner neusten EP: Corona, Covid-19, Roni, de Röner.

Nicht nur der bereits letzte Woche veröffentlichte Titeltrack «Patient Null» befasst sich mit der Pandemie, das Narrativ zieht sich durch die gesamte EP. Hochpolitisch, systemkritisch und doch mit einem gesunden Gebrauch von «Bitch»; ganz so, wie wir es uns vom Wortkünstler gewohnt sind. Dies entweder in Form von Sprachbildern, die man sich mindestens zweimal anhören muss («Wenn jede Note cha läse, de spricht e Bank Bänder»), oder fadengraden Fronts («De Ueli, die Bitch, seit mir heige ke Gäud, what the fuck»).

Auch musikalisch zeigt sich Vercetti von seiner bekannten Seite. Seine Flows sind wie immer unvergleichbar, technisch imposant und fast schon etwas anstrengend. Hintergrundmusik ist das keineswegs, seinen Texten muss man sich voll und ganz widmen. Wer das tut, wird mit Gedankenfutter belohnt. Die Interludes und Outros sind lang, die Beats etwas monotoner im Vergleich mit seinem teilweise schon fast tanzbaren letzten Album. Auch die Blasinstrumente, die in «N3NbM» sehr präsent waren, entfallen hier komplett und lassen Platz für den Text. Dennoch bringt die neue EP eingängige Melodien mit sich, sei es etwa der Part von Nativ in «Patient Null» oder das basslastige «2020 hässig».

Brandneu sind nicht alle Songs – wer Tommy mehr oder weniger aktiv verfolgt hat einen Teil der Tracklist bereits im Februar in der Style Bakery mit Pablo (SRF Virus) gehört. Darunter auch «Nonno»: Eindrückliche Worte an und über seinen Vater, abgerundet mit einem melodischen «Hör doch uf rouke». Eine schöne Abwechslung mit durchaus berührenden Zeilen, aber keineswegs weniger Wortwitz.

Ich persönlich hätte mir thematisch trotzdem noch etwas mehr Diversität auf der EP gewünscht. Aber vorwerfen kann man Vercetti nichts – schlussendlich mussten wir uns alle exzessiv mit der Pandemie auseinandersetzen. Und nicht zuletzt ist er neben der Musik auch noch mit seiner Doktorarbeit beschäftigt. Dass Tommy Vercetti ein grosser Künstler ist, das ist unbestritten, und dass er Lines schreibt wie ein King (oder eben ein Schnäbiprinz), zeigt er uns fortlaufend.

Reinhören lohnt sich! Tun könnt ihr das entweder auf Spotify oder noch viel besser, indem ihr euch die EP hier kauft.

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Bild: Manuel Zingg

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