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Wenn neben Musik auch Kieselsteine rasseln – «Abican tanzt» und die EP «Piz Lad»3 min read

11. September 2021 3 min read

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Wenn neben Musik auch Kieselsteine rasseln – «Abican tanzt» und die EP «Piz Lad»3 min read

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Tausende Kieselsteine sind in der Kigro AG Grosswangen zu Pyramiden aufgetürmt. Industrieller könnte die Kulisse wohl nicht sein, in der die EP Piz Lad gespielt wird, die sich mit Tanz zu einem Gesamtkunstwerk verbindet. Durch das Kollektiv Abican tanzt verwandelt sich das statische Kieswerk zu einer belebten und besonderen Welt, in der Mensch und Umwelt ungewohnt und fast ausserirdisch verschmelzen. Es ist ein Erlebnis, das fühlen lässt, wie langsam die Zeit vergeht, wenn neben der Musik auch Kieselsteine unter den Tänzerinnen rasseln.

Es erscheint fast ein bisschen übernatürlich, als Can Etterlin alias Abican unter einem Regenschirm und einem aufgeschnittenen Plastiksack erscheint, der seine Mikrofone und Gerätschaften schützt. Von der Busstelle Hauelen in Grosswangen ist man Kreidepfeilen gefolgt und hat sich entlang an der Idylle zu den Bergen aus Kieselsteinen bewegt. Dort wird die Traube aus Menschen still. Das Publikum folgt der Musik und lässt sich so zum Anfang der Performance führen. Auf den Pyramiden aus Kieselsteinen thronen die Tänzerinnen. Sie huschen neben dem Publikum her, sammeln Steine ein, oder betrachten es neugierig. Schon da weiss man, dass es sich in der folgenden Performance um eine spezielle Erfahrung handeln wird.

Splitt, Kies, Sand und Schotter

In einem Rundgang über das Gelände bewegen sich die Tänzerinnen zu den fünf Lieder der EP Piz Lad. Dabei verschmutzt der Kies ihre vormals weissen Kostüme. Er ist so selbstverständlicher Untergrund, dass sie auf den Kiesbergen hüpfen, laufen oder sich auf den Kieslawinen nach unten treiben lassen. Dabei sind die bewegten Figuren manchmal verspielt, schnell und langsam zugleich. Interagiert wird ohne Worte. Vielmehr wird der Bewegung, dem Tanz und den Klängen der Musik über das Industriegelände gefolgt. Dazwischen passiert das Publikum die statischen Lager an Splitt, Kies, Sand, Schotter, die durch die Tänze in Bewegung geraten. Diese organischen Klänge passen wie selbstverständlich in die Musik und die Umwelt. Gleichzeitig wird eine Treppe schon mal als Geräuschkulisse und Schlagzeug integriert. Oder eine verbogene Eisenstange kratzt über den schottrigen Boden. Es ist speziell, plötzlich mal Besucherin zu sein in einer so fremden Welt, die nicht ganz Natur, aber auch nicht ganz Zivilisation zu sein vermag.

Die Performance erschafft eine faszinierend ausserirdische Welt, von der man schnell Teil wird. Der Faktor der Zeit wird dabei fast als Gebilde eines anderen Universums wahrgenommen. Abican tanzt erschafft ein Kunstwerk, bei dem nicht nur Mensch und Musik, sondern auch tausende Steine ein organisches Ganzes bilden. Es ist erfrischend, für einmal nicht mit einem Bier in der Hand in einem dunklen Club einer EP-Taufe zu lauschen, sondern den Weg auf dem Gelände selbst neugierig mitzugehen und durch die Tänze ein bewegtes Bild zu erleben. So wird auch die Busfahrt nach Grosswangen, die 50 Minuten dauert, zu einer Fahrt in eine andere Sphäre.

Lust auf ein besonderes Erlebnis? Die Performance von Abican tanzt mit den Tänzerinnen Selina Brenner, Célina von Moos, Natalia Podany, Laura Heinzer und Michèle Fella kannst du noch am Sonntag, 12.09 um 16.05h in Grosswangen erleben. Anmelden dafür kannst du dich unter: abicanmail@gmail.com!

Fotos: Natalie Melina