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Der Grandseigneur der Albernheit im KKL2 min read

18. November 2021 2 min read

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Der Grandseigneur der Albernheit im KKL2 min read

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Er gehört zu den ganz Grossen, wenn es um deutsche Humorgeschichte geht. Der Multiinstrumentalist und Grandseigneur der Albernheit Helge Schneider. Er trat am vergangenen Sonntag im Luzerner Saal des KKLs auf. Wir waren an seiner Show dabei.

Es ist schon lustig und interessant zu beobachten, wie ein Stück deutscher Legende auf eine Bühne der eigenen Heimatstadt tritt und die Lachmuskeln des Publikums bereits im ersten Moment seines Auftritts dem totalen Aktivismus verfallen. Während die einen belustigt den bekloppten Bewegungen Schneiders zusahen und vor sich hin grölten, vergassen andere schon längst mit rund 800 anderen Schaulustigen im Saal zu sitzen und schrien sich vor Lachen beinahe die Lunge aus dem Torso.

Wir kamen uns etwas daneben vor, als wir leicht verwirrt und noch nicht ganz so sehr belustigst wie unsere Saalgenoss:innen auf unseren Balkon-Sitzen auf die 180 Quadratmeter grosse Bühne, bestückt mit Klavier, Gitarre, Schlagzeug und weiteren Artefakten aus Schneiders Wühlkiste, blickten. Ein stummer Gitarrist, ein auf seine nötigsten Fähigkeiten reduzierter Butler und Helge Schneider himself standen und sassen inmitten dieser Objekte.

Der Humor Schneiders forderte bei uns U-25ern erst einmal die Erschaffung eines gewissen Verständnisses. Schnell bemerkten wir, dass vom Reinziehen alter Auftritte Schneiders im deutschen Fernsehen, bekifft und besoffen morgens um drei, zu wenig hängen geblieben ist. Also strengten wir uns an.

Die Mitte der ersten Hälfte ist durch und wir grölen das erste Mal. Wie unvorsichtig von uns. Dennoch tauchten wir ein in die Welt eines alten weissen Mannes, der seit über 40 Jahren im Scheinwerferlicht steht. Und tatsächlich, auf einmal fanden wir ihn albern, ja lustig! Sein Witz unterliegt der Zauberformel aus Genie, Timing und einer Verkörperung kindlicher Kalberei. Es sind Details, die Schneiders Bühnenprogramm zumindest auf uns immer wieder aussergewöhnlich wirken lassen. Es ist die Unverdrossenheit des Künstlers, minutenlang in Zeitlupe über die Bühne zu gehen, um die Fahrtgeschwindigkeit der Show massiv zu verlangsamen, ehe er sich von jetzt auf plötzlich wieder normal zu bewegen beginnt und das Publikum höflich darüber informiert, dass er sich jetzt «wieder normal» bewege.

Das alles mag jetzt unwitzig klingen. Doch das Gegenteil war der Fall. Die Konstituierung seiner Lustigkeit fällt dabei wohl nicht nur uns Grünnasen schwer. Wir erklären uns die Albernheit Schneiders mit seiner Unberechenbarkeit, mit seiner in ihrer Ruhe einem Mönch ähnelnden Improvisation. Und: Ein frisch pensionierter Mann, der noch immer stilvoll Humor zu servieren weiss und damit auch junge Menschen abholen kann, gehört nach wie vor geachtet. Auch wenn einige wenige Sprüche in eine alte Schublade gesteckt werden sollten, können wir uns dem Tenor seiner Fans anschliessen und nehmen uns dem Wunsch Schneiders entsprechend vor, der guten Laune und der Witzigkeit künftig in unseren Körpern noch ein wenig mehr Platz zu geben.

Titelbild: Helge Schneider an einem Auftritt in Uhingen im Jahr 2009. Bild: AngMoKio, Wikipedia

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