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Thomas Hoepker – ein Mann der Bilder für die Ewigkeit schafft3 min read

7. Juli 2022 3 min read

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Thomas Hoepker – ein Mann der Bilder für die Ewigkeit schafft3 min read

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«Dear Memories» von Nahuel Lopez ist ein inspirierendes und berührendes Filmporträt über den Magnum Fotografen Thomas Hoepker. Lopez nimmt uns mit auf einen Roadtrip quer durch die Vereinigten Staaten und ermöglicht uns persönliche Einblicke in das Leben eines Mannes, der mit seinen Fotografien Geschichte schreibt.

Gastautorin: Dschamila Hirsiger

Hoepker wurde 1989 als Vollmitglied in die renommierte Agentur «Magnum Photos» aufgenommen. Für verschiedene Reportagen bereiste er die Welt und porträtierte unteranderem über eine längere Zeit den Boxer Muhammad Ali. Nachdem er 2017 die Diagnose Alzheimer erhält, plant er mit seiner Frau Christine Kruchen einen Roadtrip. Damit erfüllt sich sein letzter grosser Wunsch: eine Reise durch die USA mit seiner Kamera, wie er sie bereits in den 60ern gemacht hatte. Ein Geschichte über Bilder, die dem Vergessen trotzen. 

Fotografieren um nicht zu vergessen 

Mitten während der globalen Pandemie und der Wahl Joe Bidens zum neuen Präsident der Vereinigten Staaten beginnt die Reise Hoepkers. Eine Reise, die ihn unter anderem zu Verwandten und Bekannten führt, die Hoepker teilweise bereits nicht mehr erkennt. Immer mit dabei hat er seine Leica Kamera, ständig auf der Suche nach einem neuen Motiv. Er und seine Frau suchen den Kontakt zu den Menschen in den Orten, die sie während ihrer Reise passieren. Während sich seine Frau für den Alltag und die Lebensweise der Bekanntschaften interessiert, ist Hoepker damit beschäftigt die Menschen und Begegnungen mit seiner Kamera einzufangen. 

Das Vergessen – in Hoepkers Alltag omnipräsent – scheint den Bereich des Fotografierens nicht zu durchdringen. Intuitiv hält er die Momente als Erinnerungen fest, niemals zögernd im Umgang mit seiner Kamera. Während deutlich wird, dass seine Frau in vielen Bereichen seines Lebens die Planung übernommen hat, findet er in der Fotografie weiterhin die Autonomie, die er in anderen Lebensbereichen allmählich verliert. Generell ist es bemerkenswert wie gelassen Hoepker mit seiner Erkrankung umgeht. Die Bodenständigkeit dieses Mannes, der uns mit seiner sympathischen, offenen und scherzhaften Art Einblick in sein Leben gewährt, ist aussergewöhnlich. 

Im Film bekommen wir kontinuierlich bedeutende Werke aus Hoepkers Laufbahn als Fotojournalist gezeigt. Die Bilder, die er jedoch während dieser Reise macht, werden nicht unmittelbar eingeblendet – das wäre zu banal. Als Kinobesucher:innen sind wir aufgefordert, unsere eigene Vorstellungskraft einzusetzen und die Situationen mit den Augen Hoepkers zu sehen. Erst im Abspann werden einige ausgewählte Fotografien dann noch gezeigt. Der Film schafft es so, einen Bogen von seinen frühen Werken bis in die Gegenwart zu spannen und gibt uns Aufschluss über Hoepkers Blick auf die Welt. 

Eine Dringlichkeit wird spürbar 

Ein wiederkehrendes Element sind Nachrichtenmeldungen, die auf auditiver Ebene über die momentane Lage der Pandemie und die aktuellsten Fallzahlen informieren. Es wird klar, dass diese Reise unter solchen Umständen nicht selbstverständlich ist. Dass sich das Vorhaben aber nicht weiter aufschieben liess, macht Hoepkers fortgeschrittene Krankheit deutlich. 

Für Kinobesucher:innen, die selbst noch nie in den Staaten unterwegs waren, ist ungewiss, ob die teils verlassenen Orte eine Folge der Pandemie oder einfach typisch für diese Gegend sind. So stellt sich unweigerlich die Frage, ob dieses Filmerlebnis ein anderes wäre, würde die Welt nicht gerade inmitten einer globalen Pandemie stecken.

Die thematische Dichte des Films verdeutlicht, wie schwierig es ist, Hoepkers von Tatendrang gezeichnetes Leben in neunzig Minuten zu umreissen. In der Folge werden gewisse Themen wie beispielsweise die Pandemie, die Wahl Bidens oder Hoepkers Rolle als Vater nur recht oberflächlich beleuchtet. Tiefgründig sind hingegen die zitierten Auszüge aus den verschiedenen Essays, die Hoepker im Laufe der Jahre verfasst hat. Seine Auffassung von Fotografie, sein Reflexionsvermögen und seine Gedanken zum Fotojournalismus sind äusserst inspirierend und beeindruckend. Zum Ende des Filmes bleibt daher insbesondere der Wunsch, sich eingehender mit Hoepkers Texten auseinanderzusetzen. 

Wer sich also für Fotografie interessiert, oder einfach Fernweh verspürt und sich wieder einmal nach einem Roadmovie sehnt, wird bei diesem Film auf jeden Fall auf seine Kosten kommen.

 

https://www.youtube.com/watch?v=tO_cppLrhss

https://www.instagram.com/thomashoepker/

 

Fotos: zVg

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