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Bilder mit dem eigenen Körper malen – Im Gespräch mit der Luzerner Künstlerin Lotta Gadola5 min read

12. Januar 2023 3 min read

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Bilder mit dem eigenen Körper malen – Im Gespräch mit der Luzerner Künstlerin Lotta Gadola5 min read

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Meine Reise durch die Luzerner Kunstszene geht weiter. Im ersten Beitrag schrieb ich über mein Treffen mit Florence Anliker, der Frau hinter der Kunstplattform «akku» in Emmenbrücke. Heute berichte ich über mein Gespräch mit der Künstlerin Lotta Gadola, deren Performance ich an der Vernissage bei akku bewundern durfte.

 

Die Vernissage von akku liegt jetzt schon eine Woche hinter mir. Dort hat mich vor allem die Performance aus dem Projekt «Cornern» von Lotta Gadola, der Luzerner Künstlerin, beeindruckt. Bei «Strike a Pose» sind fünf Performer:innen zu sehen, die in der Gruppe oder alleine gezielte Bewegungsabläufe oder Posen wieder und wieder ausführen. Dabei passen sie sich der Gruppe und dem unsichtbar kommunizierten Tempo der Gesten an. Mich hat diese Performance, die ungefähr eine Stunde anhielt, auf meinen eigenen Körper und wie ich damit kommuniziere, aufmerksam gemacht. Ich möchte mehr über die Entstehung des «Cornern»  Projekts erfahren und vereinbare ein Treffen mit Lotta.

Ich befinde mich im Bus Richtung Reussport, wo ich Lotta in ihrem Atelier im Gelben Haus besuchen gehe. Ich war noch nie in diesem Quartier und verlaufe mich zuerst. Dank Google Maps finde ich dann trotzdem den Weg zum Gelben Haus und werde hereingelassen und zum Atelier gewiesen. Auch Lotta ist ein wenig verwundert, als ich durch die Tür ins Zimmer komme. Ich bin nicht die Einzige, die den Eingang zum Haus nicht sofort findet und im Normalfall klingelt dann bei ihr das Handy. Beim Aufbau und an der Vernissage habe ich Lotta schon zweimal kurz gesehen und deshalb fühle ich mich auch gleich wohl im Gespräch mit ihr. Ich nutze die kurze Zeit, in der sie aus dem Raum geht, um einen Kaffee in der Küche zu machen, und betrachte die Fotos, Skizzen und Notizen an den Wänden. Darauf erkenne ich die Vorbereitungen fürs Projekt «Cornern» und die Vernissage. Als Lotta wieder aus der Küche zurückkommt, spreche ich sie darauf an. Ich möchte mehr über das Arbeiten am Projekt erfahren. Sie erzählt mir, dass die meisten Projekte mit einer Faszination beginnen. Diese werden durch Beobachtungen aus dem Alltag inspiriert. Im Fall von «Cornern» waren es Gruppenansammlungen im öffentlichen Raum. Diese Gruppen erscheinen überall etwa gleich in Bezug auf Kleidung, Stil und Kommunikation. «Es hat mich fasziniert, wie in solchen Gruppen physisch kommuniziert wird. Zusätzlich habe ich diese Gruppenansammlungen auch oft inszeniert wahrgenommen, obwohl es eigentlich nur ein Zusammenkommen der Gruppe ist», meint Lotta.

In der Entwicklungsphase stellte sie sich unter anderem die Fragen: Wie bewusst ist diese Selbstinszenierung? Und wie fest prägt uns dieser Blick von aussen, diese stetige Kamerapräsenz, in unserem Erscheinungsbild? In «Cornern» untersucht Lotta wiederholt auftauchende Gesten. Durch künstlerische Auseinandersetzung versucht sie herauszufinden, wann diese Gesten bewusst oder beiläufig passieren, wann sie uns Selbstsicherheit vermitteln und wann sie zu einer Übersprunghandlung werden.

«Wie kann ich es abstrahieren, reduzieren, überspitzen?»

Aus dieser intensiven Beschäftigung entstand schlussendlich «Strike a Pose», ein Teil des «Cornern» Projekts. Anders aber als bei vorherigen Werken war nicht Lotta selber die Performerin, sondern arbeitete das erste Mal mit einer Tanzgruppe zusammen, um ihre Vorstellung der Performance zu verwirklichen. Sie sagt mir, dass es eine spannende Erfahrung und eine neue Herausforderung war. Zum einen konnte sie dadurch bewusst von aussen an den Figuren und Posen kneten, musste aber auch die Kontrolle etwas abgeben und den Tänzer:innen vertrauen. Dafür habe sie dabei sehr viel neuen Input von ihrem Gegenüber erhalten, meint sie, und das hat es für sie spannend gemacht.

Der Körper steht bei Lotta Gadola im Vordergrund. Auf die Frage, ob sich die Beziehung zu ihrem Körper durch ihr Schaffen verändert hat, erzählt Lotta, dass ihre Wahrnehmung darüber bewusster wurde. Der Körper wird zum Ausdrucksmittel, Kommunikationsmittel oder Werkzeug für die Kunst. «Mein Körper wird zu einem Material, mit dem ich dann ein Bild formen kann», sagt sie mir. Diese Auseinandersetzung finde ich unglaublich spannend und frage sie danach, wie es dann für sie ist, mit ihrem eigenen Körper zu arbeiten. Solange sie im Atelier an der Entstehungsphase sei, bleibt der Bezug zu ihrem Körper sehr nahe. «Es bin immer noch ich», sagt sie dazu. Sobald die Arbeit das Atelier dann fertig verlässt, ändere sich dieser Bezug und plötzlich entstehe mehr Distanz zu ihrem Körper. «Es ist dann nicht mehr mein Körper. Es ist mehr ein Platzhalter für einen Körper.» Diese sachliche Distanz passiert bei ihr immer dann, wenn der Körper in eine Ausstellung wandert und zu Kunst wird.
Unser Gespräch ist locker und die sechzig Minuten vergehen schnell. Lotta muss am Nachmittag für eine Performance weiter nach Liechtenstein und ich muss mich auch wieder meinen anderen Aufgaben widmen. So verabschieden wir uns an der Tür des Gelben Haus und ich nehme diesmal einen anderen Weg zurück zur Bushaltestelle, den mir Lotta erklärt hat. Erneut bin ich inspiriert und beeindruckt. Erneut habe ich viele Eindrücke und Gedanken und erneut ist mein Rucksack etwas voller, was nicht nur an dem Buch liegt, dass mir Lotta von ihren Werken freundlicherweise mitgegeben hat.

Hier endet meine Luzerner Kunstreise vorerst. Ich bin mir sicher und sehr entschlossen, diese Reise aber weiterzuführen und die Kunstszene noch mehr zu entdecken. Gespannt bin ich auch auf die Arbeit und Werke von Lotta, die sie 2023 in ihrem Atelier erschaffen wird.

Text: Stefanie Bumbacher
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