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We put the Fun in Feminism – Zur Ausstellung «Fun Feminism» im Kunstmuseum Gegenwart in Basel6 min read

6. Februar 2023 5 min read

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We put the Fun in Feminism – Zur Ausstellung «Fun Feminism» im Kunstmuseum Gegenwart in Basel6 min read

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Feminismus ist für alle. Feminismus macht Spass. Feminismus ist bunt, laut, lustig. Nicht ganz unähnlich klingt die Beschreibung auf der Website für die Ausstellung «Fun Feminism» im Kunstmuseum Gegenwart in Basel. Auch das Plakat scheint diese Botschaft zu vermitteln: Als Grundlage dient Dineo Seshee Bopapes «Flowers of the Revolution» (2022). Es handelt sich um eine Collage aus Fotografien von bunten Blumen und Augen. Darüber in pinker Schrift der Titel: «Fun Feminism»!

Text von Mayra Jenzer

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, es ist ein hübsches Plakat. Die Botschaft, dass Feminismus für alle ist, entspricht auch durchaus meiner Überzeugung und der Versuch, feministische Anliegen und feministische Kunst für alle zugänglich zu machen ist ein lobenswerter. Aber gelingt das durch das blosse Hinzufügen von «Fun» vornedran? Soll Feminismus als «Fun» verstanden werden? Soll mit dem misogynen Vorurteil, dass Frauen nicht lustig seien aufgeräumt werden? So wurde die Botschaft der Ausstellung tatsächlich von vielen Rezensent*innen verstanden. Was aufzeigt, wie erschreckend präsent solche Stereotypen noch sind. Weshalb feministische Kunst nicht darauf reduziert werden darf, ihren Kritiker*innen zu beweisen, dass sie «imfall» schon auch Spaß machen kann, werde ich im folgenden Artikel erläutern.

So scheitert diese Ausstellung teilweise leider am Framing und an der visuellen Botschaft. Es ist ein bisschen so, wie wenn man eine Buchhandlung betritt und dort in der Ecke, unter dem Schlagwort «Feministische Literatur» ein Regal voller rosafarbener Bücher sieht. Bücher deren Umschläge ein bisschen aussehen wie jene in der Abteilung «Liebe & Unterhaltung», die aber wichtige (queer-)feministische Theorie enthalten. Es stellt sich die beklemmende Frage, ob damit wirklich die intellektuelle Aufwertung der «femininen» Konnotation der Farbe Pink gelingt. Schliesslich ist es der gleiche misogyne Marketing-Trick, der dieses Problem überhaupt erst kreiert hat und dieser wird ganz bestimmt nicht dazu verwendet, Feminismus «für alle» zu verkaufen.

Humor als politisches Instrument
Wie dem auch sei, kommen wir zurück zur Ausstellung im Kunstmuseum. Der Saaltext im Erdgeschoß klingt nämlich schon mal deutlich differenzierter: Der «Fun»-Aspekt wird hier eher als das subversive Potenzial von Humor als politisches Mittel verstanden. Eines das «sozial benachteiligten Gruppen als wirksames Instrument» dient, «um sich herrschenden Ordnungssystemen gegenüber kritisch zu äussern». Dieses Framing gefällt mir persönlich besser. Somit geht man durch eine Ausstellung, die eine kleine Geschichte der westlichen feministischen Kunst erzählt, mit einem Fokus auf Ironie und Satire. In dem Film «Ciao Bella» von Tracy Rose zum Beispiel, arbeitet die Künstlerin mit der subversiven Kraft der humorvollen visuellen und performativen Übertreibung, wie wir sie aus der Drag-Kunst kennen. Und kritisiert damit die Geschichte stereotyper Weiblichkeit und deren Einfluss auf reale weibliche Körper im Rahmen eines schillernden Tableau vivants.

Werke wie jene von Betty Woodman und Polly Apfelbaum thematisieren die Aufhebung der hierarchischen Grenzen zwischen Kunst und Kunsthandwerk, zwischen Öffentlichkeit und Häuslichkeit. Dies wird durch ein Interesse an den eher weiblich konnotierten Medien wie Textil und Keramik bewerkstelligt. Kunst kann «Fun» , darf sogar verspielt sein. So kann der feministische Anspruch, Konzepte wie «Hochkultur» und die «high-low»-Dualität der Kunstwelt spielerisch zu hinterfragen, ebenfalls als Teil des «Fun»-Elements in dem Ausstellungstitel verstanden werden. So verspielt und kritisch die Ausstellung mit den (männlich-weiblich) Binaritäten umgeht, so entkommt sie ihnen leider doch nicht ganz und verpasst dadurch an vielen Stellen den Bezug zu gegenwärtigen Diskursen.

Mit einzelnen Werken wie jenen von Fatima Tuggar und Lorraine O`Grady werden die Zusammenhänge von feministischen, dekolonialen und antirassistischen Kämpfen thematisiert. Somit wird ein intersektionaler Anspruch in der Ausstellung zumindest angeschnitten.

In anderen Räumen komme ich von den westlichen Pop-Feminismus Assoziationen aber weiterhin nicht ganz los. Zum Beispiel in dem Raum, in dem Aline Stalder, Katharina Kemmerling and Nadine Cueni gemeinsame und individuelle Werke ausstellen. So erinnert eine Wand voller (weißer) Brüste an ähnlich gestaltete Tote-Bags. Dazu menschengroße High Heels, scheinbar aus collagierten Papierschnipseln, die aussehen, als wären sie aus Fashion und Lifestyle-Zeitschriften ausgeschnitten worden. Zu sehr erinnert diese Ästhetik an die T-Shirts und Jutebeutel, Stickers und Buttons die in den letzten Jahren in schillernden Farben «Girl-Power» versprachen und gleichzeitig reale politische Kämpfe unsichtbar machten. Damit soll diesen Werken von Stalder, Kemmerling und Cueni nicht ihre subversive und kritische Dimension abgesprochen werden. Durch das Framing «Fun Feminism» in Kombination mit ihrem visuellen Eindruck kommen sie aber leider etwas platt daher.

Feminismus ist für alle
Im obersten Stockwerk des Kunstmuseums Gegenwart stiess ich dann auf meine persönlichen Highlights der Ausstellung. Zum Beispiel wird hier Melanie Jame Wolfs «Acts of Improbable Genius» (2021) gezeigt. Dabei handelt es sich um eine Videoarbeit, in der die Künstlerin sich performativ mit der veralteten Clownfigur Pierrot und dem männlichen Stand-Up-Comedian kritisch auseinandersetzt. Zwei Figuren, die Wolf als «ghosts of humour-past» beschreibt. In dieser Arbeit werden grundlegende Fragen aufgeworfen: Wer und was ist wann lustig und warum ist das inhärent politisch?

Im dritten Stock ist auch Puck Verkades «Plague» (2019) zu sehen, ein Stop-Motion Animationsvideo, in dem die Künstlerin einen grandiosen Sinn für das Absurde beweist. Durch den Kampf zwischen einer Hausfrau und einer Hausfliege und dessen Eskalation in einer surrealen, cartoonisch überspitzten, fast kafkaesken Verschmelzung der beiden, verweist sie gekonnt auf den Zusammenhang zwischen ökologischen, sozialen und psychologischen Herausforderungen.

Gerahmt wird die Ausstellung von den Statements und Statistiken der Guerilla Girls zur Unterrepräsentation von FINTA (Frauen, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen) – und BIPoC (Black, Indigenous, People of Colour)-Personen in der Kunst- und Kulturbranche. Diese Tatsache ist für sich allein schon sehr ironisch. Schliesslich handelt es sich bei der Ausstellung größtenteils um Werke aus der Sammlung des Kunstmuseums, welche vorwiegend weiss und cis-männlich ist.

So beweist sich die Bedeutung von Humor als politisches Instrument nicht nur in den einzelnen Werken. Wenn man aber die Rahmung der Ausstellung nicht als verteidigendes «Feminismus ist Fun» versteht, schafft «Fun Feminism» doch einen recht gelungenen Überblick über die Tendenzen der feministischen Kunst in den vergangenen vierzig Jahren, bei dem einem ein staunendes Schmunzeln nicht verwehrt bleibt. Mit einigen Werken zeitgenössischer Kunstschaffender werden die Schnittstellen feministischer, queerer, dekolonialer und ökologischer Kämpfe thematisiert und die Strukturen aus denen gewaltvolle Machtverhältnisse auf allen Ebenen entstehen reflektiert. So wird inhaltlich doch aufgezeigt wie Feminismus für alle ist. Und dass Humor und Lachen einend wirken können. Dass geteilte Freude genauso wie geteiltes Leid wichtige Bestandteile jedes politischen Kampfes sind, und dass Humor, der innerhalb bestimmter Hierarchien und Machtverhältnissen nach oben und nicht nach unten austeilt, der wirksamste ist. Solange diese Ausstellung nicht bloß als Versuch verstanden wird zu beweisen, dass Feminist*innen sehr wohl Spaß haben können, finde ich, ist «Fun Feminism» sicher einen Besuch wert.

Zu sehen ist die Ausstellung im Kunstmuseum Gegenwart Basel noch bis zum 19. März.

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