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Die Frage nach dem Zuhause – Fumetto Comic Festival 20235 min read

21. April 2023 4 min read

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Die Frage nach dem Zuhause – Fumetto Comic Festival 20235 min read

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Vom 18. bis 26. März fand in Luzern das Fumetto Comic Festival 2023 statt und zog abertausende Besucher:innen in die Welt des grafischen Geschichte-Erzählens. Darunter auch mich. Einen Sonntag lang bewegte ich mich also durch die Stadt, die während diesen neun Tagen umso farbiger, dynamischer und verbundener wirkte. In zwei Beiträgen berichte ich von meinen Eindrücken und Erlebnissen am Fumetto Comic Festival. Hier, im ersten Teil, geht es um meine ersten Eindrücke und Berührungen mit der Comic-Welt.

Text / Fotos von Stefanie Bumbacher

Zuhause mit Fumetto

Das Thema des diesjährigen Festivals «Home Sweet Home» beschäftigt sich mit der Frage nach dem Zuhause, wo es ist, mit wem es ist und wie es sich anfühlt. Nicht nur Schweizer Künstler:innen versuchen dem Zuhause eine Greifbarkeit zu verschaffen, auch internationale Künstler:innen sind dieser Frage nachgegangen und haben ihre Kunst in Luzern ausgestellt. Das ist auch verständlich, denn das Fumetto Comic Festival ist seit seiner Entstehung vor dreissig Jahren zu einem beachtlichen internationalen Event mit rund 40’000 Besucher:innen herangewachsen. An verschiedenen Orten in der Stadt Luzern präsentieren die Comic-Künstler:innen ihre Werke an ein Publikum, das so vielseitig ist wie die Kunst, die ausgestellt ist.

Vielleicht muss ich vormerken, dass ich mit Comics so gut wie nichts am Hut habe. Ich kenne diese Kunstrichtung eigentlich nur aus den Bildbänden meiner Kindheit, als ich gerne die «Lucky Luke» oder «Asterix und Obelix» Comicbücher gelesen habe, die mein Vater manchmal aus dem Kiosk nach Hause brachte. Dazumals habe ich mir auch noch keine Gedanken zu der Kunstform gemacht, die dahinter steckt und diese faszinierenden Heldengeschichten erzählt. Ich wusste also  wenig von der unglaublichen Wirkung und Vielfalt dieser Kunstform, die ich an diesem einen Sonntag im März erfahren habe und die mir richtig Eindruck gemacht hat.

Die Tage davor

Der offizielle Start des Festivals war zwar erst am Samstag, Luzern aber wurde schon eine Woche zuvor mit Comic-Zauber bestäubt. Zahlreiche Comic-Künstler:innen sind als sogenannte Satelliten an verschiedene Standorte ausgeschwärmt und haben dort ihre Kunst präsentiert. Das hat die Stadt und mich schon in Stimmung für die kommenden neun Tage Festival gebracht. Ich musste immer schmunzeln und staunen, als ich zufällig an einem dieser Satelliten Standorte vorbeigelaufen bin. Auf meinem Weg zum Festivalzentrum in der Kornschütte am Samstag bin ich dann nicht nur an den Satelliten vorbeigelaufen, sondern auch an vielen Besucher:innen mit Festivalpass. Für mich findet das Festival aber am Sonntag statt. Mit dem Veranstaltungsprogramm habe ich mir eine Tagesagenda mit fünf Terminpunkten zusammengestellt, die ich dann am nächsten Tag abklappern werde.

Volles Haus

Am Sonntagmorgen stehe ich gut gelaunt auf. Es ist schönes Wetter und ich freue mich auf den Tag in der Comic-Stadt Luzern. Ich packe mein Notizbuch und Stift und laufe los Richtung HI-Gallery, wo mein erster Halt des Tages geplant ist. Die Ausstellung heisst «Zuhause» und an den Wänden hängen die Werke der Comic-Wettbewerb Gewinner:innen in einer wohnzimmerlichen Atmosphäre aus Karton und Farbe, die die Schweizerin Samira Beldrof gestaltet hat. Rund 700 Personen aus aller Welt nahmen dieses Jahr an dem Wettbewerb teil. Und so zahlreich die Teilnehmer:innen waren, so sind es auch die Besucher:innen an diesem Morgen. Der Raum ist vollgepackt. Knapp kommt man aneinander vorbei, um sich die Geschichten vom Zuhause von Nahem anzusehen.

Ich verlasse den Raum wieder und trete an die frische Luft, was guttat, aber ein Fehler war. Die Ansprache und Preisvergabe beginnt schon bevor ich mich wieder zurück in die Gallery kämpfen konnte. Ich und andere Comic-interessierte Menschen passten einfach nicht mehr in den Raum herein. Also blieb ich draussen, hörte zwar eher Motorlärm als Wörter oder Sätze, doch konnte die Stimmung und Menschen von hier aus gut beobachten. Für den Schluss drängelte ich mich doch noch durch die Tür und hörte den letzten paar Preisverleihungen auf Deutsch, Englisch und Französisch, also wirklich truly international, zu. Es beeindruckt mich sehr, dass alle der preisgekrönten Künstler:innen von verschiedenen Orten aus Europa hierher gereist sind.

Nach der Preisverleihung lockert sich das Gedränge wieder ein bisschen und ich kann mich nun im Raum freier bewegen und die einzelnen ausgezeichneten Werke anschauen. Die Kreativität, die verschiedenen Perspektiven und Geschichten, die die verschiedenen Künstler:innen präsentieren, sind erstaunlich. In diesem Raum habe ich auch gerade das erste Mal gespürt, wie Emotionen mit diesen Bildern und Sprechblasen auf den Betrachter übertragen werden, denn ich stand vor Linus Mühlebach’s (14 Jahre) «Ich, und der Kolibri in mir» und musste lachen. Seine Geschichte über ein Junge, der im Sommer zu Hause bleibt und ins Land der Fantasie eintaucht, hat mich berührt und fröhlich gemacht. Diese Wirkung des Comics werde ich an diesem Tag noch einige Male erfahren.

Kurzer Abstecher bei Marijpol

Auf dem Nach-Hause-Weg schlüpfe ich noch schnell durch die Tür des sic! Elephanthouse, um mir die Ausstellung «Hort» von der deutschen Künstlerin Marijpol anzusehen. Der Raum ist klein, aber alle Wände sind voll mit Zeichnungen von ihrem Graphic Novel. Auf den Zeichnungen sind aussergewöhnliche Gestalten mit auffallenden und fantasie-ähnlichen Körpermerkmalen zu sehen. Die Besucher:innen sind sehr vertieft in die Bilder und Ausschnitte der Geschichte. Ich verlasse aber den Raum nach einigen Minuten wieder, denn ich muss noch schnell etwas zu Mittag kochen, bevor die nächste Vernissage eine Stunde später beginnt. Das Programm an diesem Sonntag ist nämlich straff durchgeplant.

 

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