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«Ich spiele Musik in einem sehr breiten Spektrum» – Interview mit DEBONAIR an der Bad Bonn Kilbi 20237 min read

9. Juni 2023 5 min read

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«Ich spiele Musik in einem sehr breiten Spektrum» – Interview mit DEBONAIR an der Bad Bonn Kilbi 20237 min read

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Wir haben DEBONAIR zwischen ihren zwei Sets, nach dem ersten am Wasser und vor ihrem Closing des Festivals im Club im Backstage getroffen. Da redeten wir darüber ob DJing als Kunst betrachtet werden kann, wie sich die Clubszene zu Genres verändert hat und wie sie selbst zu ihrem Job als DJ steht und was ihr an einem guten Set wichtig ist. 

 

frachtwerk: Wie war das Set am See?

DEBONAIR: Oh, es war grossartig. Es ist so toll, dass ich mit diesen zwei Sets die ich hier spiele, zwei gegenteilige Seiten von mir zeigen kann. Ich spiele Musik in einem sehr breiten Spektrum, aber ich denke man kann immer noch meinen Sound darin hören, ich spiele viel Leftfield, Musik aus Randgebieten aber dies über ganz viele Genres hinweg. Und so spiele ich ganz verschiedene Sets, oder Sets mit einer ganz anderen Energie; am Wasser am Tag anders als im Club in der Nacht. Es war schon immer ein Ziel von mir, nicht in eine Schublade gesteckt zu werden, weil für mich die Variation sehr wichtig ist und genau das liebe ich auch an meinem Job. Ich spielte schon an Art Shows, Fashion Shows, Soundtrack Events aber ich werde schon immer noch vor allem gebucht, um Techno in einem Club zu spielen.

frachtwerk: Ist es für dich denn trotzdem auch wichtig einen erkennbaren Sound in dieser Variation zu entwickeln wenn du auflegst?

DEBONAIR: Für mich müssen die Menschen die mir zuschauen das nicht unbedingt erkennen, aber ich will Musik spielen die mir gefällt und die auch zu mir passt und auch obwohl ich in sehr breiten Sphären Sounds spiele, gibt es Musik, die ich nicht auflegen würde, weil sie irgendwie nicht zu mir passt, also geht es mir weniger darum wie es von der Crowd aufgenommen wird, sondern wie es sich für mich anfühlt wenn ich auflege. Und ich glaube darin bin ich auch sehr authentisch.

frachtwerk: Aber hast du auch einzelne Genres die du sehr gerne und oft spielst?

DEBONAIR: Also, ein weiterer Grund wieso dieses Festival hier perfekt für mich ist,  ich bin ja mit Musik mit Gitarre und experimenteller Musik aufgewachsen und ich meine My bloody Valentine hat schon hier gespielt und die Person die mich heute abgeholt hat, hörte im Auto Mazzy Star . Und mit dem Strandset gestern, war es mir eine grosse Freude, weil was mir an meinem Job so gefällt, ist das Publikum mitzureissen. Und es ist speziell und selten dass man irgendwo spielen kann wo man sich sicher sein kann was die Menschen hier hören und dass ihre musikalischen Einflüsse die selben wie die meinen sind und ich denke mein Job als DJ ist es, solche Musik zu spielen, oder jene Seite von mir zu zeigen, welche die Crowd am meisten packt. Aber wenn ich merke dass die Crowd sowieso gleich tickt wie ich, dann kann ich auch genau das spielen was ich will. Und was ich an diesem Festival auch besonders mag ist, dass man nicht genau weiss was einem erwartet, und ich glaube dass ist auch eine Aufgabe eines guten Festivals, Menschen neue Musik zu zeigen.

frachtwerk: Ist das eine Aufgabe die du auch selbst als DJ als wichtig erachtest?

DEBONAIR: Oh ja, sicher. Gerade bei „Mainstream-Crowds“ versuche ich, sie manchmal in eine Richtung zu lenken, die sie noch nicht kennen, und damit zu probieren ihnen Sounds zu zeigen die ihnen gefallen könnten, auf die sie aber selbst nicht gestossen wären.

frachtwerk: Produzierst du selbst auch Musik?

DEBONAIR: Nein, nicht wirklich, also ich habe ein paar wenige Edits gemacht und ich probiere immer wieder etwas aus, aber ich bin nicht wirklich eine Produzentin.

frachtwerk: Und wie siehst du Kreativität im DJing? Ist das nicht auch eine Weise Neues zu erschaffen, einfach als Collage aus mehreren musikalischen Gegenständen?

DEBONAIR: Ich sehe es ist nicht als meine Aufgabe irgendjemanden davon zu überzeugen, dass DJing eine Kunstform wäre oder dass ich damit neues erschaffe. Jeder kann für sich selbst entscheiden wie man, das was ich mache wahrnimmt oder einordnet und das ist auch total ok für mich. Aber ich denke auch, eine Person die eine Begabung im DJing hat, die eine Stimmung kreiert, dadurch dass sie neue Dinge erschafft indem sie mit Effekten und Techniken verschiedenes verbindet, so kanne es durchaus als etwas Kreatives angesehen werden ja.

frachtwerk: Siehst du dich denn selbst auch als Künstlerin?

DEBONAIR: Ja, ich glaube ich bin eine Künstlerin, aber dies bin ich aufgrund von verschiedensten Gründen, ich kreiere Visuals und Edits usw. aber da steht ja sowieso die uralte Frage davor was ein:e Künstler:in überhaupt ausmacht. Und für mich könnte das einfach jemand sein, der mit einer gewissen Intention kreiert. Und so sehe ich mich schon als jemand der kreativ arbeitet und so auch als Künstlerin.
Und etwas dass ich sehr geniesse, als DJ die nicht selbst Tracks produziert ist, dass ich immer noch spielen kann was ich will, denn andere DJs die selbst auch produzieren, werden dann meist auch nur noch dafür gebucht genau diesen Sound zu spielen und das würde mich persönlich stören, wenn ich in so eine Schublade gesteckt würde. Und das ist etwas dass ich mit meiner Art wie ich auflege und arbeite nicht riskiere, ich kann dir versprechen dass ich immer mehrere Genres in meinem Set haben werde und es wird immer sehr breit bleiben.

frachtwerk: Ist es für dich wichtig eine Atmosphäre zu erschaffen in die das Publikum eintauchen kann?

DEBONAIR: Ja genau, und ich habe auch noch nie ein Set von mir geposted, weil ich denke so vieles passiert an einem Set das auch nur in diesem besonderen Moment so gut funktioniert. Durch alles was da passiert und durch die Stimmung die dort in dieser Präsenz herrscht. Es wäre zwar sicherlich gut für mich Sets zu posten, und das sollte ich wahrscheinlich auch tun, aber irgendwie gibt es da etwas in mir dass mich davon abhält, ein Teil der denkt dass es irgendwie die Magie zerstören würde, den Zeitgeist in dem Moment selbst.

frachtwerk: Stört es dich. wenn auf einem Lineup unter deinem Namen eines oder verschiedene Genres geschrieben werden?

DEBONAIR: Zum Glück ist das ja etwas dass in letzter Zeit weniger passiert, früher gab es ja oft Parties wo es dann wirklich eine House-Party oder eine Technoparty war aber zum Glück sind wir da wieder ein wenig davon weggekommen. Aber es gibt auch noch immer viele, die keine DJs buchen wollen, wenn sie nicht genau wissen was gespielt wird, und so musste ich in meiner DJ-Karriere viel Geduld haben, bis ich dann auch das Vertrauen vieler Booker:innen erarbeitet hatte, die mich dann auch buchten ohne dass ich ihnen einen Genrekatalog vorweisen konnte. Und ich habe noch immer das Gefühl, auch deshalb, weil ich kein riesengrosser DJ bin, muss ich daran noch arbeiten und dieses Vertrauen auch immer weiterhin pflegen und ausbauen. Aber jetzt nach der Pandemie, also ja Covid existiert noch immer, aber jetzt wo die Massnahmen ausgeklungen sind, habe ich das Gefühl dass die Musikindustrie sich sehr verändert hat. Für viele Menschen hat es sehr viele Veränderungen gegeben, zum Beispiel in England habe ich das Gefühl dass die Menschen in der Crowd viel jünger geworden sind. Ich glaube viele Menschen die älter sind, also dass heisst schon 35 oder 40 hatten auch einfach Angst von Covid betroffen zu sein, da zähle ich mich selbst auch dazu, ich hatte selbst Covid und hatte Long Covid und spüre immer noch Folgen davon. Und eben deshalb verschob sich vielleicht der Altersdurchschnitt nach unten.

frachtwerk: Was ist der letzte Song den dir angehört hast?

DEBONAIR: Das war von Grace:  “Three of You”, ich denke mit dem werde ich auch mein Set heute Abend eröffnen.

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