Streams und Struggle: Die neue Realität der Musikindustrie

In einer Zeit, in der die Sozialen Medien die Art und Weise verändern, wie wir Musik konsumieren und entdecken, stehen Musiker:innen vor einer Vielzahl von Herausforderungen: Streaming Dienste, die den Musiker:innen praktisch nichts bezahlen, virale Hits oder Musik für 15-Sekunden-Videos. Der Luzerner Musiker Samuel Savenberg sieht diese Entwicklung kritisch.

Autor:in:
Milena Müller
Titelbild:
z.V.g.
Hinweise:

Eine der grössten Veränderungen in der Musiklandschaft der letzten Jahre ist zweifellos der Aufstieg von Streaming-Diensten wie Spotify oder Apple Music sowie die explosiv wachsende Beliebtheit von Plattformen wie TikTok. Samuel Savenberg bringt diese Veränderungen auf den Punkt: «Euphemistisch könnte man sagen, dass der Zugang zu Musik – auch solcher von Nischenkünstler:innen – demokratisiert und vereinfacht wurde. Aber ich glaube mit dieser Einschätzung macht man es sich dann doch etwas zu einfach.»

Er betont, dass trotz des scheinbar demokratischen Charakters dieser Plattformen bestimmte Künstler:innen bevorzugt werden, insbesondere solche, die bereits über Kapital oder Kontakte verfügen, um in die wichtigen Playlisten zu gelangen. Darüber hinaus hat sich die Bereitschaft der Konsument:innen, für Musik zu bezahlen, drastisch verringert, was eine weitere Herausforderung darstellt. «Everybody wants to be an artist, nobody wants to pay for art», fasst Savenberg die Situation treffend zusammen.

Der New Yorker Rapper French Montana veröffentlichte sein neues Album «Mac & Cheese 5» mit jedem Song einzeln als Single und gleich auch noch als «Sped Up», «Slowed Down» und A-Cappella-Versionen. Sein verzweifelter Wunsch auf TikTok einen Hit zu landen ist dabei wohl kaum zu übersehen. Werden Lieder nur noch so komponiert und geschrieben, dass sie in einem 15--Sekunden-Clip funktionieren? Zu beobachten ist sicherlich, dass kommerzielle Künstler:innen immer kürzere Lieder veröffentlichen. Der Aufmerksamkeitsspanne ihrer Hörer:innen entsprechend. Samuel Savenberg erläutert die Kommerzialisierung der Musik und die damit verbundene Fokussierung auf Zahlen. «Es ist alles zu einem komischen Game auf deinem Telefon geworden. Das kann auf Dauer doch weder gesund sein, noch Kreativität fördern.»

Ein rebellischer Schritt oder Marketing?

Der britische Musiker James Blake teilte seine Frustration über die ungleiche Bezahlung von Künstler:innen und Plattenfirmen öffentlich. Er bemängelte, dass es immer schwieriger werde, von der Musik zu leben und dass Fans nur Teile eines Songs aufgrund der viralen Attraktivität kennen. «The streaming industry has created a climate of consumers not valuing music as a product.» Darauf gab der Musiker seinen Beitritt zu Vault.fm bekannt  – einem kostenpflichtigen Streaming-Dienst, der es Künstler:innen ermöglicht, ihre Musik direkt mit Fans zu teilen. Diese können für 5 US-Dollar im Monat exklusive Veröffentlichungen von James Blake hören.

Hörer:innen können also ein Abonnement lösen bei einem/einer Künstler:in, die dieses Geld direkt bekommen. Samuel Savenberg bleibt kritisch. «Diese Statements von Blake waren doch auch nur Teil einer Promokampagne für ein weiteres Tech-Startup, das uns ernsthaft Fairness und Fan-Nähe verkaufen will. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das funktioniert. Vor allem ist das dann auch ein Modell für eine ganz spezifische Art von Fan-Bindung/Musikkonsum, die voraussetzt, dass Fans unbedingt unveröffentlichtes Exklusivmaterial hören wollen. Dieses Privileg von Relevanz werden die wenigsten Musiker:innen haben.»

Insgesamt zeigt sich, dass die Musikindustrie vor grossen Herausforderungen steht, die eine sorgfältige Überlegung erfordern. Wie können Künstler:innen fair entlöhnt werden? Wie können wir die künstlerische Integrität bewahren, während wir den sich verändernden Anforderungen der digitalen Welt gerecht werden müssen? Diese Fragen bleiben offen, aber die Diskussion darüber ist entscheidend für die Zukunft der Musik und derjenigen, die sie schaffen.

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