Kulinarische Identitätsverwirrung

Samuel Herzog – ein Name den sich unser Autor und der Schriftsteller teilen. Auch wenn Welten zwischen ihnen liegen tastet sich Samuel näher an den Herzog heran. Eine gedankliche Gegenüberstellung.

Autor:in:
Samuel Herzog
Titelbild:
Samuel Herzog
Hinweise:

Ich habe ein Geheimnis. So kommt es, dass mir alle paar Monate Komplimente zufliegen, die nicht mir, sondern einem anderen Samuel zustehen. Hanspeter schrieb mir im November, dass der Text über Hagebutten sehr interessant war, möchte jedoch darauf hinweisen, dass man sich «die grosse Arbeit mit der Herstellung von Hagebutten-Saft sparen kann, indem man ‹Buttenmost› kauft.» und droppt dazu viel nützliches Wissen zu «Buttenmost». Oder Pia, die so begeistert von dem Text ist, dass sie eindringlich nach dem geheimen Rezept für Mais-Wasser-Salz-Fladen fragt. Und da wäre noch Richard, der den gelesenen Artikel über Mirabellen für «vollmundig» hält und mit seinem selbst angebauten Lauch (Bio-alpin, Anniviers mit Matterhornblick) prahlt – mit Fotobeweis.

Es scheint, als werde ich oft verwechselt. Nicht etwa auf der Strasse oder an der Migros-Kasse, sondern im Internet. Ich habe nämlich das Glück, dass ich ein digitales Spiegelbild habe. Den Schweizer Autor und Künstler, Samuel Herzog. Wenn man ihn (mich?) googelt, kann man lesen, dass er sich besonders für kulinarische Themen interessiert und schon einmal bei meiner absoluten guilty pleasure Sendung «SRF Männerküche» aufgetischt hat. Doch nebst Küchen Stunts im Schweizer Fernsehen macht er sich die Hände beim Schreiben von Kolumnen in der NZZ schmutzig. Und die Leute finden es anscheinend richtig geil.

Die Offenbarung Samuel Herzogs

Bis jetzt habe ich mich immer sehr gefreut über diese zufälligen Kontaktaufnahmen aus dem Boomer-Universum. Irgendwie wird mir warm ums Herz, wenn ich daran denke, dass diese Leute so invested sind in die Texte meines Doppelgängers. Weitergeleitet habe ich die Mails nie. Wieso? Mir gefiel die Idee einer Flaschenpost sehr, die sich in meinem Postfach verirrte, und es sorgte immer für tolle Unterhaltung. Doch eines habe ich ebenfalls nie getan: die gelobten Texte selber gelesen. Mal schauen, was hinter diesen critically acclaimed texten steckt. Also, let’s go, lasst uns die NZZ Paywall gekonnt überspringen und ran an den Speck. 

Bereit für kulinarische Eskapaden mit Samuel Herzog? Stellt euch vor, ihr seid in einem abgelegenen Dorf in Alaska und kaut auf etwas, das aussieht wie das letzte Überbleibsel eines verunglückten Gartenprojekts. Herzog tut genau das und taucht ein in die Welt der Hagebuttenpaste – im Text den Hanspeter so toll findet, «Meine Leute haben das immer schon gegessen»: Was man mit Hagebutten alles machen kann – in Alaska und anderswo, NZZ, 2023». Keine Supermarkt-Schönheit, sondern ein roter Klumpen der Erinnerung, der ihm den Geschmack seiner Kindheit zurückbringt. Zwischen den Zeilen seiner Kolumne «Mundstücke» findet man nicht nur Geschichten über exotische Beeren, sondern eine Mischung aus kulturellen Anspielungen und nostalgischen Trips.

Herzog scheut sich nicht, die dunklen Ecken des Lebensmitteluniversums zu erkunden. Was kommt als Nächstes? Fisch aus dem WC-Spülkasten? Oder vielleicht ein Abendessen aus fermentierten Tupperware-Spaghetti, die seit November in der hintersten Ecke deines Kühlschranks einen Persönlichkeitswandel durchlaufen? Herzog hat definitiv keine Angst vor kulinarischen Abenteuern. Er weiss, wie man einen Text kocht. Er mischt seine Worte sorgfältig, würzt mit persönlichen Anekdoten und garniert mit einer Prise Humor. Mit seinen Texten lädt er ein, über die kulturellen Verbindungen nachzudenken, die uns über Kontinente hinweg vereinen. 

Lemusa und die unbändige Kraft der Fantasie

Doch Herzog schreibt nicht nur kulinarische Texte für die NZZ. Er hat unter anderem ein Buch namens «Lemusa» geschrieben. Meine Kollegin (Grüsse gehen raus an Janine) gab mir das kleine Buch, als ich ihr von meinem Plan erzählte, über meinen Namensvetter zu schreiben. Um es vorwegzunehmen – die Idee und die Umsetzung von Lemusa ist toll und hat mich an eine phantasievolle Zeit in meiner Kindheit erinnert.

Also, dieses Lemusa, geschrieben im Jahr 2019, ist Herzogs packende Reise zu einer fiktiven Insel im Atlantik, getauft auf den mystischen Namen Lemusa (ein Anagramm seines Namens). Auf knapp 30 Seiten erzählt uns der Autor alles, was es über diese sagenumwobene Insel zu wissen gibt. Mit kulinarischen Highlights, tierischen Wappen, Symbolen und Geschichten von einer fiktiven Autorin, inklusive der vom faulen Polizeihund, wird's ein wilder Trip. Die Lemusianer:innen-Hymne? Ein echter Banger! Wenn man Lemusa liest, fühlt man sich wie ein:e Entdecker:in, als hätte man gerade ein vergessenes Land betreten. «Lemusa» ist nicht nur ein kurzes fiktionales Buch – nein, es ist eine Hommage an die wilde, unbändige Kraft der Fantasie, die in uns allen schlummert.

Also Hanspeter, Pia und Richard – Dank euren herrlich wirren Nachrichten habe ich mich endlich mit meinem kulinarischen Spiegelbild auseinandergesetzt – und, oh boy, es war eine wilde Fahrt, aber ich muss sagen: Es hat sich gelohnt.

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