Lokalkrimi fürs Ohr: Luzerner Dialekt-Hörspiel «D’Zääjefinger» feiert Premiere

Ein verlorener Zeh, Drogenkartelle und verschwommene Erinnerungen – mit D’Zääjefinger legt das Zentralschweizer Hörspiel-Kollektiv «babene studio» sein Debutwerk vor.

Autor:in:
Maurice Köpfli
Titelbild:
babene studio
Hinweise:

Ein abgetrennter Zeh wird im Gütschwald gesichtet. Die Zentralschweizer Medienlandschaft ist in Aufruhr, eine bizarre Geschichte beginnt. Im Zentrum: vier junge Menschen, die tiefer in die Geschichte verstrickt sind, als ihnen lieb ist.

Was nach einer neuen Folge der die Drei ??? klingt, ist der Auftakt zu einer Hörspielreihe des neuen Kollektivs «babene studio». Mit der am 21. Mai veröffentlichten ersten Episode beginnt eine Reihe, die Schweizer Sprachvielfalt nicht verklärt, sondern zeitgenössisch inszeniert – direkt, roh und realitätsnah.

Hörspiel als Heimatklang

Hinter dem Projekt steht Jan Bürli. Hörspiele haben den diplomierten Audioengineer schon sein ganzes Leben lang begleitet. Nun will er selbst einen Beitrag zur Hörspielwelt leisten. Das erste Kurzhörspiel ist im Luzerner Dialekt zu hören und heisst D’Zääjefinger, auf Hochdeutsch: Die Zehen-Finder. Eingesprochen wurde das Hörspiel von Emma Ambauen, Jan Rucki, Klara Förster und Florian Miroll.

«Hörspiele geben mir ein Gefühl von Zuhause», sagt Bürli. Genau dieses Gefühl wolle er weitergeben – in einem Format, das junge Menschen erreicht und gleichzeitig der Alltagssprache eine Bühne gibt. Denn: Die Schweiz sei reich an sprachlicher Vielfalt. Doch Sprache verändere sich. Anglizismen, Jugendsprache, Neologismen – für Bürli kein Verfall, sondern Realität. D’Zääjefinger will diese Entwicklung nicht glätten, sondern sichtbar – oder besser: hörbar – machen.

Der Dialekt steht im Zentrum – nicht beschönigt, sondern so, wie er gesprochen wird: roh, schnörkellos, hybrid. Vom «Beef mit der Chefin» bis zur Gendersprache der «Nachbar:innenschaft» entsteht ein sprachliches Porträt der Luzerner Gegenwartskultur. Bürlisagt: «Die Vielfältigkeit der Schweizer Dialekte ist enorm und ich verstehe dies als Kulturgut, was aus meiner Perspektive gesichert werden muss.» Man solle sich vorstellen, wie die Sprache vor hundert Jahren war und wie es wäre, diese nicht nur zu lesen, sondern wirklich zu erleben. Dies will Jan Bürli mit seinem Hörspiel erreichen: die heutige Sprachvielfalt dokumentieren. Deshalb möchte er in Zukunft mit verschiedenen Autor:innen und Sprecher:innen aus diversen Orten der Schweiz zusammenarbeiten, um diese Eigenarten der Sprache aufzuzeigen.

Zwischen Realität und Fiktion

Die Produktion richtet sich an ein junges, erwachsenes Zielpublikum. Inspiriert von Klassikern wie Die drei ???, TKKG oder Philip Maloney bringt Jan Bürli seine eigene Handschrift ein – stilistisch wie technisch. Alle Übergänge sind eigenständig komponiert, die Klänge der Umgebung selbst aufgenommen. Sie erzeugen ein auditives Spannungsfeld zwischen Realität und Fiktion. «Die Töne zeichnen ein Bild, das nur in den Köpfen der Zuhörer:innen zu sehen ist. Durch die Musik wird dieses Bild in einen Kontext gesetzt und mit Emotionen gefüllt», so Bürli.  

Das Ziel von babene studio: «Ein Kollektiv aufbauen, das Verlag und Produktion vereint, mit dem Anspruch, einen wichtigen Teil der Kultur zu bewahren und zugleich neue, zugängliche Erzählformate zu schaffen.»

Ob das reicht, um ein junges Publikum zu fesseln, bleibt abzuwarten. Die Geschichte lässt diese Möglichkeit zumindest offen. Die Episode endet nach fünfzehn Minuten – mit einem unheimlichen Anruf. Anrufende Nummer: unbekannt.

Verlosung

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