«Diese Musik hat mein Leben gerettet»

Mit Toya deLazy stand eine grossartige Musikerin auf der Bühne des B-Sides-Festivals. frachtwerk-Autorin Sophie Herfort traf die Künstlerin zum Interview und sprach mit ihr über Inspiration, ihren Weg durch verschiedenste Genres von Klassik bis Rave und die Bedeutung ihrer grossen Kunst.

Autor:in:
Sophie Herfort
Titelbild:
Sophie Herfort
Hinweise:

frachtwerk: Du bist bekannt als die Gründerin – oder, wie du dich selbst nennst – «the Mother of Afro Rave». Für jemanden, der das noch nicht kennt – wie würdest du es in deinen eigenen Worten beschreiben?

Toya Delazy: Es ist eine Verschmelzung aus Sprache – also meiner indigenen Sprache Zulu – und zeitgenössischen Sounds. Meine Sprache ist sehr perkussiv, wir haben Klicklaute, die ich versuche mit Beats zu verschmelzen. Im Grunde ist es Zulu über Leftfield-Bass, Techno, Drum and Bass, Jungle... Und es ist ravig. Es ist auch von den Zulu-Trommeln inspiriert. Bei unseren Heilungsritualen oder anderen Zeremonien sind unsere Trommeln sehr schnell. Als ich dann in die UK kam und Rave und Techno hörte, dachte ich: Wow, das ist ähnlich. Und dann habe ich einen Weg gefunden, zu kommunizieren – an meinem neuen Ort, aber mit etwas aus meiner Herkunft.

frachtwerk: Was war der Prozess dahinter, was war die Inspirationsquelle?

Toya Delazy: Die Inspiration waren die Trommeln – die Ähnlichkeit zwischen den Zulu-Trommeln und Techno oder Rave, allem über 175 Beats per Minute. Da war diese Ähnlichkeit. Wir tanzen und raven, um zu heilen. Wir tun es als Gemeinschaft oder als Gebet. Also habe ich diese Elemente genommen und mit dem Rave-Sound hier kombiniert. Jetzt teile ich Mantras, rappe auf Zulu. Es geht um positive Vibes, um aufbauende Energie – viel Bewegung, viel Energie.

frachtwerk: Und warum bist du in die UK gezogen?

Toya Delazy: Weil ich meinen Sound weiterentwickeln wollte. Popstar in Südafrika zu sein war toll. Aber ich hatte das Gefühl, dass ich noch andere Dinge zu sagen habe. Ich wollte meine Musikalität erkunden und auch etwas mit der Welt teilen, das verbindet. Als ich nach England kam, dachte ich: Ja, ich spreche Englisch, aber ich bin keine Britin. Was kann ich teilen, das ein Stück meiner Welt ist? Und das hat mich mit dem Ort verbunden, an dem ich war. Es war einfach stimmig – das Zulu mit dem Rave zu vermischen. Es fühlte sich an, als wären wir alle irgendwie verbunden.

frachtwerk: Du erwähnst auf deinem Instagram auch, dass du CEO deiner eigenen Galaxie bist. Bezieht sich das auf das Genre oder was meinst du damit?

Toya Delazy: Ich bin einfach die Göttin meines eigenen Universums – oder was auch immer. CEO all dieser Ideen, die ich entwickle. Ich arbeite für mich selbst. Ich habe das alles aus mir heraus aufgebaut. Es ist eine Galaxie – zumindest meine eigene.

frachtwerk: Wie hat sich deine Musik verändert, seit du als Künstlerin angefangen hast?

Toya Delazy: Wow – sehr! Ich komme eigentlich vom Klavier. Ich bin klassisch ausgebildete Jazzpianistin. Dann ging ich in den Pop. Und von da wollte ich wieder raus und bin im Rave gelandet. Es ist wirklich ein weiter Weg. Ich habe mich sehr verändert. Ich finde, es ist wichtig, sich zu verändern und der Musik Raum zur Entwicklung zu geben. Ich könnte auch beim Alten bleiben, aber mir wurde langweilig. Ich habe dadurch so viele Menschen kennengelernt, die ich sonst nie getroffen hätte. Ich finde, es ist gut, wenn Künstler*innen sich verändern. Wenn ich sage «Göttin meines Universums» (aus ihrer Instagram BIO), meine ich nicht, dass ich über allem stehe. Ich glaube schon, dass es eine höhere Kraft gibt, die uns alle hält. Aber ich glaube auch, dass es gut ist, sich selbst zu erschaffen. Wir sind nicht nur hier, um uns selbst zu finden, sondern auch, um etwas zu erschaffen, etwas zu sagen. Das ist es, woher das alles kommt.

frachtwerk: Deine Musik berührt auch oft Themen wie Identität, Empowerment und Transformation. Welche Botschaft möchtest du Menschen geben, die Schwierigkeiten haben, ihre eigene Stimme oder Identität zu finden?

Toya Delazy: Ich hoffe, dass es sie ermutigt, es zu versuchen. Es nicht aufzuschieben. Es ist besser, es zu versuchen und zu scheitern, als zu scheitern, ohne es versucht zu haben. Wenn du es nicht versuchst, wirst du nie herausfinden, was du kannst. Du wirst nie Frieden finden mit all den Träumen und Ideen im Kopf. Darum geht es in der Musik: ermutigen. Den Funken am Leben erhalten. Denn ich habe das selbst gebraucht. Musik hat mir geholfen, mich auszudrücken – und das hat sich gut angefühlt. Man sagt ja: Das Gegenteil von Depression ist Ausdruck. Wenn du eine Depression überwinden willst, musst du dich ausdrücken. Du musst etwas sagen, dich mitteilen.

frachtwerk: Ich habe gelesen, dass du auch UNICEF-Botschafterin bist und dich für HIV/Aids-Aufklärung sowie für mentale Gesundheit einsetzt. Wie zeigt sich dieses Engagement in deiner Musik und in deinen Auftritten?

Toya Delazy: Ich drücke mich aus. Ich lasse alles auf der Bühne. Ich habe das Gefühl, dass diese Musik mein Leben gerettet hat. Also gebe ich alles. Wenn ich vor Menschen stehe und das teilen darf, dann gebe ich ihnen alles, was ich habe. Das zeigt sich natürlich auch in den Lyrics, in den Themen. Manche Mantras handeln direkt von mentaler Gesundheit – auf Zulu. Zum Beispiel «Grina kawai» bedeutet «sei stark, Krieger:in» – und es geht darum, dass der Krieg im Kopf stattfindet. Ich versuche, Menschen mit Bewegung zu heilen. Wenn du dich bewegst und Freude empfindest – auch wenn nur für eine Stunde – vergisst du die Sorgen. Das kann viel bewirken. Es verändert vielleicht nicht dein ganzes Leben, aber wenn ich dir diesen einen Moment schenken kann, in dem du loslassen kannst – dann hilft das schon.

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