Vincent Rigling: Wir wollten experimentieren und forschen. Wir bringen unterschiedliche musikalische Hintergründe mit und entwickeln unseren eigenen Sound. Nach Konzerten kommen Zuhörer:innen zu uns und erzählen, woran sie unsere Musik erinnert. Dieser Graubereich beschreibt, dass es viele Assoziationen gibt, aber dennoch vage bleibt. Wir versuchen uns darin auszudrücken, mit Hörgewohnheiten und Bekanntem zu spielen und etwas Neues zu erschaffen.
Vincent Rigling: Es gibt einige Approaches zu diesem Begriff. Zum einen ist es sicher Freundschaft und Kommunikation innerhalb der Band. Zum anderen funktioniert Musik als Kommunikation, ist aber auch eine Sprache durch Codes. Musik ist eine Interaktion mit dem Publikum. Es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen der Funktion von Musik und Sprache.
Silvan Schmid: Was Klarheit gibt, ist das Material oder die Musik zu kondensieren damit eine Message ankommt. Das Schöne an der Musik ist, dass die Tatsächliche Wirkung verschieden sein kann: Wenn ich «Baum» sage, ist es nicht so, dass alle «Baum» verstehen. Wir spielen einen Song und fühlen etwas, aber andere fühlen etwas anderes. Aber je klarer die Botschaft ist, desto besser kann man Gemeinschaften schaffen.
Vincent Rigling: Ein übergreifendes Narrativ wäre versteckt. Es gibt Parallelen, die teils bewusst gewählt sind, aber es ist kein Konzeptalbum. Es gibt Gemeinsamkeiten, zum Beispiel mit visuellen Phänomenen, wo wir mit Musik versucht haben, umzusetzen. Also, wie klingt ein Glitch oder ein Störbild in der Musik.
Silvan Schmid: Oder ein Gewässer. (Fügt Silvan hinzu, während er eine Zigarette dreht)
Silvan Schmid: In «Gewässer» gibt es einen längeren Aufbau, der sich plötzlich auflöst – um dann wieder zusammenzufinden. Wir haben sieben Versionen dieser musikalischen Idee aufgenommen und daraus dann einen Song zusammengeschnitten. Mithilfe der Möglichkeiten, die es im Studio gibt, konnten wir erst im Nachhinein eine für uns schlüssige Verbindung finden. Live, beim Spielen, kamen wir nicht zu einem guten Resultat. Das war eine wertvolle Erfahrung für uns. Zu merken, dass die Möglichkeiten im Studio ein Werkzeug sein können, um Musik anders zu gestalten. .
Vincent Rigling: Im Song «Störbild» gibt es einen Moment, Silvan mit Hall gespielt hat und es ist ein Rückraum entstanden, der sich auftürmt und im Anschluss droppt.
Vincent Rigling: Live ist ein anderer Prozess als im Studio. Es ist schwieriger, die Musik in einem Studio-Kontext zusammenzustellen. Es ist Musik, die Zeit und Interaktion braucht, die man manchmal im Studio nicht hat. Im Studio hat man einen Anspruch auf Perfektion. Man arbeitet anders, als wenn man auf der Bühne steht und auf ein Publikum eingeht. Es ist wie eine andere Bildfläche: dieselben musikalischen Ideen können im Studio viel genauer ausdifferenziert werden. Jeder Klang kann geformt werden. Live sind das Details, die zwar mitschwingen, aber am Ende geht’s viel mehr um die Verbindung zu den Zuhörenden und um deren Energie und Präsenz im Spiel und als Mensch. Gewisse Teile können auf dem Album funktionieren aber auf der Bühne sackt die Energie ab. Umgekehrt können tolle Live-Momente unter Umständen auf der Platte zu flach oder banal wirken. Da ist viel trial and error dabei, eine interessante Wechselwirkung.
Silvan Schmid: Für uns bedeutet das B-Sides-Festival sehr viel. Wir gratulieren an dieser Stelle ganz herzlich zum 20. Geburtstag! (die Band lacht) Wir finden es toll, was so viele freiwillige und engagierte Leute jedes Jahr auf die Beine stellen. Ich habe in einem Interview gelesen, dass es laut der Verantstalter:innen das Festival immer geben wird. Es ist schön zu sehen, wie sehr das Festival den Macher:innen am Herzen liegt und dass es – falls sie einmal kein Geld mehr haben – das B-Sides trotzdem immer in irgendeiner Form geben wird. Das finde ich sehr toll.
Vincent Rigling: An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön ans B-Sides: Wir finden es extrem schön, dass Luzern trotz der Grösse so viele Menschen hat, die alles für die Kultur geben – das schätzen wir sehr!
Silvan Schmid: Spoiler. (lacht)
Vincent Rigling: Was wir sicher verraten können, ist dass das B-Sides in diesem Sommer unser letztes Konzert ist. Danach startet eine neue Phase, in der wir wieder in den Proberaum gehen. Es stehen neue Visionen an und das nächste halbe Jahr wird einen intensiven Abstecher in neue Gefilde der Musik: Es wird viel geforscht und gearbeitet. Wir freuen uns in Unbekanntes einzutauchen und weiterzugehen.