«Hätten wir jedes Unrecht dieser Welt aufgezählt, hätte es eine Viertelstunde gedauert»: St. Galler Rap-Kollektiv 2kmafia im Interview

Es ist 19 Uhr am Donnerstagabend und 2kmafia steht auf der Introbühne des OpenAir St. Gallen. Moshpits öffnen sich und die Sechsergruppe aus St. Gallen macht trotz Regen mächtig Stimmung. Am Freitagvormittag spricht frachtwerk mit Gana94 und noah2k, zwei der sechs Jungs, über Inspiration, Ungerechtigkeiten und darüber, wie sich selbst als eine Familie sehen.

Autor:in:
Fabienne Troxler
Hinweise:

frachtwerk: Euer Name ist 2kmafia. Was habt ihr mit einer Mafia gemeinsam?

noah2k: Wir haben nur der familiäre Aspekt gemeinsam. Wir sind sehr tight und machen alles gemeinsam. Wir haben einen Masterplan im Hinterkopf und wissen, wo wir hinwollen, aber das schaffen wir nur, wenn wir alle unseren Teil beitragen. Keine kriminellen Machenschaften – nur der familiäre Teil.
2k kommt daher, dass wir alle um das Jahr 2000 geboren wurden. Es steht dafür, dass wir Musik aus unserer Generation für unsere Generation machen.

frachtwerk: Ihr seid aus der Ostschweiz, wir sind ein Zentralschweizer Medium. Wie würdet ihre euren Sound für uns beschreiben?

Gana94: Wir erzählen Geschichten aus unserer Stadt St. Gallen, machen das aber auf Hochdeutsch, weil unsere Inspiration aus Deutschland kommt.

noah2k: Wir arbeiten genreübergreifend. Wir nutzen zum Beispiel Drum and Bass, Techno, House etc. und rappen dazu. 

frachtwerk: Wenn ihr von Inspiration sprecht, wen meint ihr?

noah2k: Einige Gäste, die hier am OpenAir St. Gallen sind: Pashanim und BHZ zum Beispiel. Und sonst alles, was in den Berliner Kuchen gehört. Auch Sounds aus Österreich wie Yung Hurn oder Sports Records – die ganze Bubble.

frachtwerk: Gibt es Themen, über die ihr bewusst nicht rappt?

noah2k: Früher habe ich viel mehr shit-getalked – auch über Dinge, die ich heute als sexistisch einstufen würde. Ich denke, dass diese Themen, die dort angesprochen wurden, auch anders verpackt werden können – auch ohne Wörter wie Hoes oder Bitches. Jede Person von uns hat Themen, für die wir einstehen und über diese rappen wir auch, aber wir sagen es nicht auf diese Art, wie es viele andere tun.

frachtwerk: Ihr habt bei eurer Show einen Aufruf gemacht und gesagt, dass wir hier verkatert im Zelt aufwachen, während andere von Bomben-Geräusche geweckt werden. Zudem habt ihr euch gegen jegliche Genozide ausgesprochen. Sind das Werte, die ihr als Gruppe vertretet?

Gana94: Absolut. Wir wollten uns nicht spezifisch auf ein Ereignis beschränken, weil es so viele Leute gibt, die leiden.

noah2k: Es wäre eine Viertelstunde gegangen, um alle Unrechte dieser Welt aufzuzählen – von Sklaverei, Sexismus, Ungleichstellung bis zu Genoziden. Wir haben nur an der Oberfläche dieser Themen gekratzt, aber ich denke, dass weil wir auf der Bühne stehen und für diese Themen einstehen, wir die Plattform auch nutzen sollten.

frachtwerk: Gibt es Backlash?

Gana94: Bis jetzt nicht. Aber wir rechnen mit Backflash, aber das nehmen wir in Kauf, denn wir stehen für diese Themen ein und nutzen unsere Stimme.

frachtwerk: Wie läuft eure Zusammenarbeit?

noah2k: Wir geben uns konstant auf den Grind. Je ambitionierter wir werden, desto mehr hitzige und emotionale Diskussionen führen wir. Es ist wie eine Beziehung mit sechs Leuten gleichzeitig: wir sprechen über alles und diskutieren alles aus – Mehrheitsentscheide gibt es bei uns nicht. Wir diskutieren, bis jeder hinter den Entscheidungen stehen kann.

Gana94: Diese Diskussionen schweissen uns zusammen. Es kann mal hitzig werden – halt wie in einer Familie.

frachtwerk: Was schätzt ihr am meisten aneinander?

noah2k: die Kreativität von allen. Wir sind alle dieselben Weirdos. Dadurch, dass wir uns so in unsere Musik ein-nerden sind wir auch ein bisschen Aussenseiter. Wir haben die gleiche Dedication um auch mal zwei Stunden an einer Textstelle oder einem Beat herumzubasteln.

Gana94: Ich finde es ein riesen Privileg, eine Leidenschaft mit meinen besten Kollegen teilen zu dürfen.

frachtwerk: Ihr seid aus Rorschach und St. Gallen. Welche Verbindung habt ihr zum OpenAir St. Gallen?

Gana94: Auch wenn wir keinen Auftritt gehabt hätten, wären wir trotzdem hier. Das OpenAir bedeutet Liebe für uns und ist jedes Jahr ein Pflichttermin. Deswegen bedeutet es uns umso mehr, hier vor unseren Kollegen und Familien spielen zu dürfen und unsere Stadt zu repräsentieren. Wir haben dem ein halbes Jahr entgegengefiebert.

frachtwerk: Was dürfen wir von euch in den nächsten Monaten hören und sehen?

noah2k: Ganz viel Musik. Wir haben uns ins Zeug gelegt und viel Stuff produziert. Konkret kommen Solotapes von Madflow und Gana 94, Tgod2k. Ich releas ein Kurzfilm mit einem Tape. Und hoffentlich schaffen wir es bis Ende des Jahres als Crew ein Album rauszuhauen.

Gana94: Diesen Sommer sind wir auf Tour und haben Gigs, auf die wir uns sehr freuen, wie zum Beispiel das Openair Lumnezia, die Winterthurer Musikfestwoche oder Stars in Town.

frachtwerk: Gibt es sonst noch was, was ihr sagen möchtet?

noah2k: Ja, ladet uns mal auf Luzern ein! Das würde uns sehr freuen!

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