Sturmwind: aufrüttelnd, faszinierend, mitreissend

Das multimediale Projekt «Sturmwind» von Robert Müller (Film) und Peter Siegwart (Musik) nimmt sein Publikum auf eine intensive Reise mit – mitten hinein in die ungezähmten Kräfte der Natur. In einer Mischung aus Musik, Film und Sprache wird die Natur zur Urgewalt. Im Mai im Kino Bourbaki und in Altdorf, im Juni in Stans. Ein Must-Feel.

Autor:in:
Redaktion
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z.V.g.
Hinweise:

Manchmal reicht ein einziger Abend, um uns daran zu erinnern, wie schmal der Grat ist, auf dem wir uns bewegen – zwischen Beherrschung und Ohnmacht, zwischen Gewissheit und Chaos. «Sturmwind», das multimediale Werk von Robert Müller und Peter Siegwart, hat genau dieses Gefühl heraufbeschworen.

Zu Beginn empfangen einen vage, geräuschhafte Klänge, während auf der Leinwand erste Bilder fliessen, projiziert von drei Projektoren. Die audiovisuelle Inszenierung zeigt die Zentralschweiz von ihrer stillen, verletzlichen Seite. Sanft, fast meditativ, schaffen ein Sopran und ein tiefes Streichquintett mit zwei Violen, zwei Celli und Kontrabass ein feinfühliges kammermusikalisches Fundament.

Doch die Ruhe ist trügerisch. Die Idylle nur ein Vorspiel. Fast unmerklich schlägt die Stimmung um. Regen setzt ein, der Sturm heult – und auf der Leinwand kämpfen menschliche Silhouetten, notdürftig in Plastik gehüllt, gegen die entfesselten Elemente. Was erst wie Schneeflocken wirkt, entpuppt sich als glühender Ascheregen. Der Wald brennt. Und mit ihm auch die letzte Illusion von Sicherheit. Eindringlich erinnert diese Szene daran, wie nah Klimawandel und Naturkatastrophen mittlerweile an unser tägliches Leben herangerückt sind.

Peter Siegwarts Musik – schleppend, dissonant, beinahe schmerzhaft – zieht das Publikum immer tiefer hinein. Dunkel, klagend und mit starken Dissonanzen unterlegt, bringen sie die Naturgewalten zum Klingen. Das ist kein Soundtrack mehr, sondern ein Eigenleben, das auf die Bilder antwortet und sie zugleich vorantreibt. Unterstützt wird die Bildwelt von Ruth Stofer und Patrick Portmann, die mit Robert Müller gemeinsam die spektakulären Naturaufnahmen gestaltet haben.

Wir haben alles im Griff? Irrtum!

«Sturmwind» zeigt, wie klein und verletzlich der Mensch angesichts der Natur bleibt. So macht «Sturmwind» unmissverständlich klar, dass sich die Natur letztlich jedem Versuch, sie zu zähmen, entzieht. Wie gross der Irrtum in den Köpfen sitzt, wir hätten diese Welt unter Kontrolle. Trotz aller Wissenschaft und Prognosemodelle bleibt das Wetter letztlich unberechenbar. Diese Botschaft schlägt sich in der dichten Atmosphäre der Aufführung nieder: Bilder und Töne prasseln auf das Publikum ein, nehmen ihm die Orientierung, lassen ein Gefühl von Ausgeliefertsein entstehen.

Seltene Momente der Ruhe – ein nachtblauer Sternenhimmel, ein langsam wachsender Mond – sind kostbare Atempausen, tragen aber stets die Ahnung in sich, dass auch sie vergänglich sind. Selbst Felsen und Gletscher, diese Monumente der Beständigkeit, werden vom Film gnadenlos dem Zerfall preisgegeben. Severin Perrigs eingestreute literarische Fragmente verstärken die existentielle Dimension des Erlebten. «Sturmwind» fordert nicht nur Auge und Ohr, sondern auch Herz und Verstand.

Danach fühlt man sich wie nach einem Gewitter: aufgewühlt, gereinigt, irgendwie stiller. Und vielleicht mit einer neuen Demut gegenüber einer Welt, die uns immer überlegen bleiben wird.

Verlosung

Infobox

Weitere Aufführungen:

  • Samstag, 10. Mai, 18.30 und 20.30 Uhr, Kino Bourbaki Luzern

  • Samstag, 17. Mai, 20.00 Uhr, Cinema Leuzinger Altdorf

  • Freitag, 20. Juni, 20.30 Uhr, Bergwelten Filmfestival, Theater Stans

Tickets: Erwachsene 35 Franken, Studierende 20 Franken, Kinoclubmitglieder 10 Franken. Erhältlich auf eventfrog.ch oder an der Abendkasse.