Suicide Catdoors - Luzerner Punkband macht grosse Schritte

Vom Förderevent Sprungfeder bis auf den Sonnenberg gespickt – knapp ein Jahr nach ihrem ersten Konzert traten die Suicide Catdoors bereits am B-Sides Festival auf. Ihre Geschichte, wer sie sind und was dahintersteckt. 

Autor:in:
Nicolas Rast (Hauptteil) und Emanuel Rucki (B-Sides)
Titelbild:
Noemi Müller
Hinweise:

Die Suicide Catdoors machen nicht nur wilde und stilistisch diverse Musik, sondern auch ausgezeichnete PR. «Wild, roh, schweisstreibend – Suicide Catdoors ist kein Konzert, es ist ein Abriss. Eine Katharsis. Eine Einladung zum Kontrollverlust. Zur Euphorie.», schreiben sie in ihrer selbst zusammengestellten, professionell aufgemachten, 10-seitigen Pressemappe. Sie legen grossen Wert auf Gemeinschaft, und haben dabei auch sehr schnell sich selber weitergebracht.

Ein Jahr wie im Traum

Am 24. Mai 2024 spielten die Suicide Catdoors zum ersten Mal unter ihrem aktuellen Namen im Kulturhaus «Chrüterhüsli». Sie haben sich aus den ehemaligen Stains herausgebildet – einer Glamrock-Band, von der mittlerweile aber nur noch zwei Mitglieder dabei sind. Bereits bei diesem ersten Auftritt zeigte sich das ausgeprägte Imagebewusstsein der Catdoors: Anstelle eines einfachen Flyers oder Instagram-Posts produzierten die Catdoors einen ganzen Trailer – wie sie es für fast alle darauffolgenden Auftritte machen werden. Das Konzert wurde von mehreren Video- und Fotografen aus dem Freundeskreis festgehalten; eine weitere Kollegin stellte sich als Stylistin. Ihr Debut im «Chrüterhüsli» war ein «voller Erfolg», erinnert sich Linus Beling (Gitarre, Gesang).

Im Sommer und Herbst 2024 spielte die Gruppe drei weitere Male vor Publikum und beschloss, sich für den Förderevent Sprungfeder anzumelden. Dies sollte auch als Ansporn dienen: «es hat uns Struktur und ein Ziel gegeben», erklärte Linus. Gleichzeitig nahm der Aufwand, besonders im nichtmusikalischen Bereich, zu. Finn, Linus’ kleiner Bruder, wurde mit ins Boot geholt und übernahm quasi die Rolle des Managers: er ist seither Hauptverantwortlicher in Sachen Organisation und Social Media. Linus, der Film an der ZHDK studiert, dreht weiterhin die Trailer.

Am 2. November begann die Sprungfeder mit der Vorrunde, in der die Band nicht nur einige neue Fans gewann, sondern sich auch einen Platz im Finale sicherte. Am 6. Dezember war es soweit. Im Konzerthaus Schüür traten sie gegen – beziehungsweise mit, wie die Catdoors wahrscheinlich eher sagen würden – zwei weiteren Bands und einer Solokünstlerin an. «This band has great originality and personality», meinte die Jury der Sprungfeder, welche die Catdoors zur Gewinnerin der Sprungfeder 2024 erklärte. Der Preis für den ersten Platz umfasste mehrere Auftritte in der Zentralschweiz sowie die kostenlose Produktion einer EP in den Soundville Studios in Luzern. Letzteres sei für sie besonders wertvoll gewesen - nicht nur, weil professionelle Studioaufnahmen in der Regel sehr teuer, sondern auch für die Bewerbung bei Festivals und Booking-Agenturen essentiell seien, so Finn.

«Road to Mayhem», lautete stets das Motto, welches die SCD über die letzten Monate begleitet hatte. Doch nun schien sich ein neues Kapitel für die Band aufzutun, sie sind, in eigenen Worten, «im Mayhem angekommen». Um das erste und äusserst erfolgreiche Jahr noch einmal richtig zu feiern, sollte es einen letzten «Road to Mayhem»-Event im Südpol geben. Dieser fand am 7. Februar statt und war der erste Event, der auch von der Band selbst organisiert wurde. Nadanix, ein Darkwave-Duo aus Luzern, und Qualia, eine mit den Catdoors befreundete Band, ergänzten das Lineup.

Delia, die Stylistin der Band, frisiert Damjan für das "Road to Mayhem-Finale", im Südpol, am 7. Februar im Südpol Luzern Bild: Bryan Gomez

Community als Geheimrezept

Um die fünf jungen Musiker:innen hat sich bereits ein Gruppe von Superfans gebildet, die sogenannte «Suicide Catdoors Army», mit denen sie eine Whatsapp-Gruppe teilen und manchmal sogar einen Grillabend verbringen. Auch zur breiteren Zuhörerschaft suchen sie bewusst eine Verbindung. «Wenn wir singen, sprechen wir damit direkt mit dem Publikum», erklärt Linus. Sie verkaufen selbstbedruckte Merch-Artikel. Eine öffentliche Spotify-Playlist erlaubt es den Fans, ihre Lieblingslieder hinzuzufügen, um der Band neues Inspirationsmaterial zu liefern.

Der Gemeinschaftssinn der Catdoors erstreckt sich aber über die Grenze der eigenen Fangemeinde hinaus. Sie wollen die ganze Szene bewegen, und dabei gut vernetzt sein. «Ich will, dass es wieder normal ist, an Konzerte zu gehen, wenn man in den Ausgang geht», erklärt Linus weiter. Die Catdoors sind etwa auch Mitglieder der WhatsApp-Gruppe Krawall, in der sich lokale, vorwiegend Punk-orientierte Artists, unter Anderem Qualia, austauschen. Man unterstütze sich gegenseitig auf allen Ebenen – von technischen Fragen, bis hin zum emotionalen Support durch das Besuchen von Konzerten anderer, meint Linus weiter. Und für das, was sie in die Gemeinschaft bringen, ist auch schon etwas zurückgekommen: Der Bassist von Qualia etwa schenkte ihnen ein grosses, handgemaltes Stoffbild, das nun prominent im Bandraum hängt. Delia, Sängerin von Qualia und Stylistin / Unterstützungsperson bei den Catdoors, gestaltete für den Road to Mayhem-Abschluss Sammelkarten im Pokémon-Stil – mit Fotos der Bands anstelle kleiner Kampfwesen.

Eine der Sammelkarten im Pokémon-Stil Bild Sarah Colic

Zu persönlichen Aspekten und der Bedeutung ihrer Musik haben die Catdoors mehr in einem Gruppeninterview verraten:

Wie würdet ihr euch selber beschreiben?

Lorenz (Drums): Frei, nicht nach Perfektion strebend. Jemand aus der Jury der Sprungfeder hat unseren Sound mal als DIY-Punk beschrieben.  Das finde ich sehr passend.

Damjan (Multiinstrumentalist, Gesang): Wir haben sehr unterschiedliche Musikgeschmäcker, was zur Folge hat, dass wir musikalisch sehr offen bleiben. Es ist eine Symbiose, die aber gut funktioniert. Wir spielen nicht einfach Punkrock, sondern von psychedelischen Elementen, über Progressive, bis hin zu Garage oder puren Punk. Wir wollen einfach, dass es abgeht.

Lorenz: Genau. Und wir sind auch nicht als Band zusammengekommen, weil wir den gleichen Musikgeschmack haben. Was aber konstant bleibt, ist, dass wir sehr expressiv sind. Unsere Lieder sind keine Introspektiven.

Wie hat sich das vergangene Jahr für euch angefühlt?

Lorenz: Es war ein Traum. Aber einer, von dem wir noch nicht aufgewacht sind

Damjan: Wir haben alle Emotionen durchgemacht und hatten immer zu wenig Zeit. Ich finde es schön, dass jetzt Finn unser Manager ist [und uns unterstützt].

Linus: Dabei haben wir viel in Sachen Workflow gelernt, also wie wir effizienter sein können.

Eure Texte wirken manchmal dunkel…

Damjan: die Musik selber finde ich nicht dunkel, ich sehe dabei eher Feuer…

Lorenz: Aber die Texte oft schon. Es handelt sich oft um persönliche Probleme. Diese versuchen wir auch nicht, irgendwie umzuformulieren. Wenn man hinhört, weiss man, worum es geht. Es ist aber immer auch eine Art Lösung oder Erlösung dabei, selbst wenn diese düster ist. Eines unserer Lieder heisst zum Beispiel «Coup de Grâce», also Gnadenstoss, was auch eine Art Erlösung sein kann.

Damjan: Es ist oft eine Art Katharsis.

Nick (Gitarre, Gesang): Es geht bei vielen unserer Songs um ein Individuum, das mit irgendeiner Verzweiflung kämpft. «Nobody» ist zum Beispiel ein Song, den ich geschrieben habe, in dem es um die Verzweiflung geht, dass man in einer Beziehung nicht glücklich ist, und in gewissen Zeiten lieber allein sein möchte, was dann für andere schwierig ist, zu akzeptieren. Aber wir haben auch glückliche Songs.

Linus: Eine Konzertbesucherin hat uns mal gesagt: man kann bei euch endlich mal schreien

Lorenz: genau, und das ist es, was wir bieten. Selbst sehr vertraute Gespräche über Sachen, die einem belasten enden fast nie so, dass eine oder mehrere Personen anfangen zu schreien, um sich von ihren Lasten zu befreien.

Was inspiriert eure Musik?

Emma (Bass, Gesang): Der Songwriting-Prozess ist immer unterschiedlich. Patti Smith ist eine Künstlerin, die meine Kreativität auf viele Arten inspiriert. Ich liebe es, ihre Bücher zu lesen, ihre Musik zu hören, und sogar ihr Instagram finde ich sehr faszinierend. Aber ich finde, wir schreiben unsere besten Songs, wenn wir uns gegenseitig inspirieren. Ich nehme zum Beispiel ein neues Riff von Nick und schreibe zu Hause eine Bassline dazu. Und oft fallen mir Song- und Textideen unter der Dusche ein, welche ich danach mit dem Handy aufnehme.

Nick: Musizierende Menschen, die einfach machen, was sich für sie richtig anfühlt, ohne kommerzielle Intentionen, sondern eher mit dem Gedanken: wie kann ich das noch komischer machen, dass es noch weniger Leuten gefällt… Unsere Musik ist zwar nicht allzu unkonventionell, aber die einzelnen schrillen Momente sind am spannendsten.

Publikum am Sprungfeder Finale Bild: Noemi Müller

Was motiviert euch?

Lorenz: Geld, Ruhm und Ehre… nein, ich finde es einfach fucking geil, hinter dem Drumset zu hocken. Die Liebe zur Musik, das Adrenalin, das Feeling… es ist sehr intrinsisch.

Emma: Es war schon immer ein grosser Traum von mir, in einer Band zu sein. Ich bin unglaublich dankbar, und mein inneres Kind flippt völlig aus. Punk und Psychedelic Rock waren schon immer meine Lieblingsmusikrichtungen. Es macht unglaublich viel Spass.

Nick: Teil einer kleinen Gruppe zu sein, die für einander da ist und zusammen Momente erleben, die uns prägen werden. Ich mache schon lange Musik und habe schon immer gerne mit anderen musiziert. Ich war zum Beispiel in einer Big Band und habe dabei auch viel gelernt, aber Musik mit eigenem Herzblut, wie wir sie machen, ist noch cooler. Und durch das Herunterbrechen auf ein kleines Projekt kann man sich auch mal lösen von diesem grossen, globalen Denken und all den Problemen der Welt. Ich geniesse es aber auch sehr, wenn Menschen mir für ein paar Minuten Aufmerksamkeit schenken, wenn ich einen Song performe.

Damjan: ich will es noch mehr fühlen als das Publikum. Klingt egoistisch, aber wenn man Kunst in erster Linie so macht, wie sie einem selbst gefällt, kommt sie, glaube ich, auch besser an. Ich möchte durch die Musik gehört werden, Sinn suchen und die Leute zum Tanzen und Schreien bringen, das ist für mich eine Art  der Erlösung. Mein Lieblingsmoment an jedem Konzert ist das Ende des Liedes «Coup de Grace». Dann schaue ich intensiv in die Menschenmenge, spreche langsam ins Mikrofon. Es wird plötzlich alles leise und ich merke: diese Leute nehmen mich jetzt alle ernst. In der Gruppe hat sich der Traum, diesen [Rockstar-]Lifestyle zu leben, irgendwie etabliert hat.

Linus: ich möchte die Emotionen und den Sinn in unseren Texten herüberbringen können und mit der Crowd verbunden sein. Den Zusammenhalt in der Band finde ich auch unglaublich schön. Wir sind wie eine Familie.

Drummer Lorenz, während dem Finale der Sprungfeder Bild: Noemi Müller

Was wünscht ihr euch für die Zukunft?

Linus: Dass wir uns nie auf ein Genre beschränken.

Lorenz: Dass wir uns noch besser kennenlernen und auch in Zukunft immer dafür entscheiden, uns selber zu sein.

Damjan: genau, wir wollen keine Pick-Me-Girls sein. Und genug Geld einzunehmen, um die Leute, die uns helfen, entlöhnen zu können, wäre schön. Und irgendwann können wir es uns leisten, Konzerte mit Pyrotechnik zu machen.

Wie bekommt ihr das zeitlich alles hin?

Emma: Mit dem Studium und noch weiteren Interessen alles unter einen Hut zu bringen, ist manchmal sehr erschöpfend. Aber ich freue mich jedes Mal, wenn wir spielen.

Lorenz: Wir können uns kein Larifari mehr erlauben. Aber es geht, wenn man Daten im Voraus fixt.

Lorenz wirft eine Snusdose in die Luft und fängt sie wieder auf

Damjan: füg das noch an: alle haben ADHS in unserer Band.

B-Sides Festival

Am längsten Tag des Jahres durften die Catdoors die Bohobühne des B-Sides Festival bespielen. Wir waren vor Ort und konnten die energiegeladene Show hautnah miterleben.

Kurz nach Sonnenuntergang wurden die Gitarren-Amps aufgedreht und die Show der fünfköpfigen Band konnte beginnen – von Anfang an wurde man von der Energie der Band von allem rundherum entfesselt und in den vorderen Reihen verschmolzen Individuen zu einer tobenden, sich der Musik hingebenden Gemeinschaft. Mit Schminke im Gesicht und fein getuneten Outfits erschienen sie wunderbar im bunten Scheinwerferlicht auf der umnebelten Bühne.

Unter dem Sternenzelt der Boho-Bühne war die Stimmung schnell aufgeheizt – Stagedives und Crowdsurfing funktionierten reibungslos.

Legendäre Riffs und markante Basslines sorgten auch bei eingefleischten Rockfans für ein sattes Klangmenü. Die aufstrebende Luzerner Band brachte die dieses Jahr etwas grössere Boho-Stage zum Beben – und liess das Publikum definitiv nicht im Stich.

Falls du das Konzert am B-Sides verpasst hast:

Am nächsten Samstag, 28.6. um 14:00 Uhr spielen sie erneut – auf dem Theaterplatz am Stadtfest.

Und hier sind weitere kommende Daten:

26.07. Sound am See, Sarnen

01.08. Skate Base Festival, Zürich

09.08. Invictis Pax Festival, Luzern

30.08. Steinerstrassenfest, Luzern

20.09. Local Lineup Sedel, Luzern

Die Catdoors bei ihrem Auftritt am B-Sides Bild: Luis Hartl
Die Catdoors bei ihrem Auftritt am Sprungfeder Finale Bild: Noemi Müller
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