Wenn Punk auf Performance trifft: Brigade Brut & NoCops

Brigade Brut und nocops im Gespräch am B-Sides über Gewalt als Kunstform, absurde Kämpfe und politische Nebeneffekte.

Autor:in:
Elin Häller
Titelbild:
frachtwerk
Hinweise:

In einer Welt, in der Grenzen zwischen Kunst und Klamauk, Ernst und Ironie immer stärker verschwimmen, macht Brigade Brut genau das zur Bühne. Das Luzerner Wrestling-Kollektiv verbindet choreografierte Prügel mit politischem Kommentar, Humor und Gesellschaftskritik – und steht damit für eine neue Form performativer Kunst. Zusammen mit der Punkband nocops bringen sie beim diesjährigen B-Sides Festival nicht nur Lautstärke und Faustschläge, sondern auch Haltung und Utopie auf die Bühne. frachtwerk hat beide vor dem Auftritt getroffen. Ein Gespräch über kontrollierte Kämpfe und die Kunst, einem CEO metaphorisch eine zu verpassen.

frachtwerk: Eure Anfänge liegen ja eigentlich in der Turnhalle. Heute steht ihr auf Festivalbühnen. Wann habt ihr gemerkt: Das ist mehr als ein Hobby – das ist auch Kunst?

Brigade Brut: Für einige von uns war das von Anfang an mehr als ein Hobby. Wir wollen auf die Bühne, wir wollen performen. Das war von Anfang an das Ziel, ganz bewusst. Für mich persönlich war das künstlerische Moment immer zentral. Ich bin jetzt seit etwa zweieinhalb Jahren dabei. Manche von uns sind etwas länger dabei, andere kürzer – aber diese Mischung aus Ernsthaftigkeit, Lust und kollektiver Energie war von Anfang an spürbar.

frachtwerk: Wie reagieren Leute, die Wrestling nur aus dem US-TV kennen, auf eure Version?

Brigade Brut: Ich habe das Gefühl, viele Leute im Publikum kennen Wrestling gar nicht aus dem US-TV oder höchstens sehr entfernt. Es gibt nur wenige, die mit dem Jargon oder den typischen Moves wirklich vertraut sind. Unser Publikum ist oft eher naiv, aber genau das macht es auch spannend: Wir können sie in eine Welt einführen, die sie noch nicht kennen. Ich glaube, wir begeistern viele Menschen überhaupt erst für Wrestling. Deshalb erklären wir in unseren Shows auch immer wieder die Regeln – was wir da eigentlich machen, warum es gefährlich ist, was echt ist und was inszeniert. Das braucht es, weil sich viele mit dem Genre einfach nicht auskennen.

frachtwerk: Ihr bezeichnet Wrestling als Utopie. Wie sieht diese Utopie für euch aus?

Brigade Brut: Für uns ist Wrestling eine Art kreativer Schlagabtausch – ein kontrollierter Schlägelkampf, in dem fast alles erlaubt ist, was man sich sonst nur im Kopf ausmalt. Die Utopie liegt darin, genau das in einem sicheren, konsensbasierten Raum auszuleben. Es geht nicht um echte Gewalt, sondern um die Möglichkeit, auf der Bühne symbolisch Dampf abzulassen – zum Beispiel einem Arschloch mal so richtig eins zu verpassen, ohne dass es reale Konsequenzen hat. Das Bühnenformat erlaubt uns, Wut, Macht oder Widerstand auf überzeichnete, aber befreiende Weise zu inszenieren.

frachtwerk: Was reizt euch an der klaren Rollenverteilung von Held:innen und Bösewichten? Ist das auch eine Form von politischem Kommentar?

Brigade Brut: Ja, definitiv. Die klare Rollenverteilung bietet uns eine einfache Bühne für komplexe Themen. In der echten Welt gibt es selten eindeutige Antworten – im Wrestling schon. Da stehen sich Gut und Böse gegenüber, aber auch das wird bei uns wieder gebrochen. Denn manchmal sympathisiert man plötzlich mit der «Bösen», oder merkt, dass auch die «Heldin» ihre dunklen Seiten hat. Dieses Spiel mit Gegensätzen erlaubt es uns, gesellschaftliche Fragen greifbar zu machen – zugespitzt, überspitzt, aber immer mit einem Funken Wahrheit.

Unsere Kämpfe sind mal politisch, mal komplett absurd. Wir hatten schon alles: von Pizza gegen Hotdog bis Immobilienmogul gegen Aktivistin. Mal ist es pure Unterhaltung, mal ein klarer Kommentar. Das Schöne ist: Jede:r von uns bringt eigene Themen mit. Alle sind politisch denkende Menschen – aber manchmal macht es einfach auch Spass, einen albernen Fight zu inszenieren. Und manchmal ist es genauso befreiend, einem CEO auf der Bühne eins auf die Fresse zu hauen. Beides darf Platz haben. Beides ist erlaubt.

frachtwerk: Wie ist die Kooperation zwischen nocops und Brigade Brut zustande gekommen?

nocops: Das ist jetzt schon das dritte Mal, dass wir zusammen auftreten. Ich glaube, wir fanden uns einfach ziemlich schnell gegenseitig cool – da lag eine Zusammenarbeit total nahe. Es passt auch einfach gut zusammen, wie die Faust aufs Auge: Wir brüllen und schreien, sie hauen und kloppen sich. Das ist im besten Sinne eine perfekte Verbindung aus Lautstärke und inszenierter Gewalt.

frachtwerk: Was macht NoCops für euch aus – warum passt ihr zusammen?

nocops: Was ich persönlich an NoCops feiere, ist, dass es nicht nur reiner Punk ist, sondern dass da auch gute, durchdachte Texte kommen. Und das passt wiederum sehr gut zu Brigade Brut: Wir hauen uns zwar auf der Bühne, aber da steckt mehr dahinter – Storylines, Kommentare, manchmal sogar Gesellschaftskritik.

Was uns verbindet ist dieses gemeinsame Faible für das Absurde. Wir nehmen uns selbst nicht zu ernst und können laut, wild und politisch sein aber eben auch völlig daneben, albern oder surreal. Und das funktioniert, ohne dass man immer eine klare Botschaft transportieren muss. Man darf einfach auch mal Quatsch machen. Gemeinsam.

Verlosung

Infobox