Yesterday: Ein Song wandert durch die Musikgeschichte

Der Zeitgeist der Musik verändert sich stetig. Die 50er Jahre wurden vom Jazz dominiert, danach eroberten Rock und Pop in den 60er Jahren die Herzen der Menschen. Die 70er standen im Zeichen des Rock, die 80er wurden von Madonna und Michael Jackson wieder auf die Pop-Schiene zurückgeführt, die 90er entdeckten den Eurodance und den Hip Hop und danach folgen verschiedene Pop- und Rock-Stilrichtungen. Es gibt Songs, die viele solcher Phasen durchwandert haben.

Autor:in:
Bettina Wyss-Siegwart
Hinweise:

Gewisse Songs stehen ganz typisch für eine ganz bestimmte Musikepoche. «I Wanna Dance With Somebody» von DJ Bobo ist der Inbegriff des 90er-Jahre-Eurodance. Eminems «Without Me» gilt als wahrer Hip-Hop-Klassiker. Und «TNT» von AC/DC ist ein Paradebeispiel für die rockigen 80er Jahre. Dann gibt es Songs, die nicht nur für eine bestimmte Musikepoche stehen, sondern den ganzen Wandel der Zeit mitgemacht haben: Viele Songs wurden so oft gecovert, dass sie in jeder nur erdenklichen Stilrichtung bekannt wurden. «Tainted Love» gibts als Ballade, als Rock-Version und als Elektropop-Hit. Natürlich gibt's da auch Alltime-Favourites wie «Hallelujah» (im Original von Leonard Cohen), «Stand By Me» (im Original von Ben E. King), «Killing Me Softly» (im Original von Lori Lieberman), «I Love Rock'n'Roll» (im Original von Arrows) und hunderte Songs mehr, die in jeder musikalischen Epoche wieder ausgegraben und neu interpretiert wurden. Und einer sticht dabei besonders hervor.

Nicht von gestern

«Yesterday» ist laut Guinness-Buch der Rekorde mit über 1'600 Versionen zwischen 1965 und 1985 das bislang am häufigsten auf Tonträgern gecoverte Lied. Inzwischen gibt es über 3000 Versionen. Der Beatles-Klassiker scheint niemals aus den Köpfen der Menschen zu verschwinden. Von Ray Charles über Boyz II Men bis hin zu Frank Sinatra, von Elvis über Marvin Gaye bis zu Billie Eilish - sie alle haben sich dem zeitlosen Klassiker gewidmet und ihm eine eigene Note verpasst. Den Song gibt's in jeder nur erdenklichen Version zu hören. Dennoch darf man davon ausgehen, dass das Original wohl immer am erfolgreichsten bleiben wird.

Ein Wahnsinns-Erfolg. Umso schöner ist der Fakt, dass Paul McCartney die Melodie eines Nachts einfach so zugeflogen ist. Da sie so catchy war und ihm nicht mehr aus dem Kopf ging, verbrachte der Musiker einen ganzen Monat damit, zu recherchieren, ob es die Melodie schon gibt. Als er sich sicher sein konnte, dass es sich dabei tatsächlich um seine eigene Idee handelte, schrieb er «Yesterday».

Das ist nicht immer so!

Dabei passiert es gar nicht mal so selten, dass Coverversionen erfolgreicher sind als die Originalversionen. Oft wissen die Zuhörer:innen nicht einmal, dass sie nicht das Original abfeiern. Oder hättet Ihr gewusst, dass «I Will Always Love You» nicht von Whitney Houston, sondern von Dolly Parton stammt? War Euch klar, dass «Nothing Compares 2 U» im Original von Prince stammt - auch wenn er später als grösster Hit von Sinead O'Connor berühmt wurde? «Behind Blue Eyes» stammt übrigens von The Who und nicht von Limp Bizkit - und der grosse Erfolg «Valerie» von Amy Winehouse ist übrigens nicht ihrer eigenen Kreativität zuzuschreiben. Der Song stammt nämlich von der englischen Indie-Rock-Band The Zutons.

Warum so viele Covers?

Fällt den Musiker:innen nichts Neues mehr ein? Die Charts sind vollgepackt mit Samples und Coversongs. Youtube quillt vor lauter Neuinterpretationen alter Klassiker fast über. Der Grund ist simpel: Es liegt nicht daran, dass die Künstler:innen nicht selbst kreativ sind. Coversongs sind oft Sprungbretter für die Karriere. Es ist einfacher, in die Playlists zu kommen. Bekannte und beliebte Songs bringen Aufmerksamkeit. Die Menschen sind in einer Zeit, in der sie mit neuen Eindrücken überhäuft werden, nicht mehr gleich empfänglich für neue Musik. In einer Zeit, in der es bereits erfreulich ist, wenn jemensch ein ganzes Reel zu Ende schaut, muss man die Aufmerksamkeit seiner Zuhörerschaft in Sekundenschnelle erobern. Beliebte Songs helfen dabei ungemein. Hat man die Herzen des Publikums erobert, ist es viel einfacher, Gehör für die eigene Musik zu erhalten.

Verlosung

Infobox